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doi:10.22028/D291-40029
Titel: | Anwendung unterschiedlicher diagnostischer Verfahren zur Bestimmung der Prävalenz einer Schistosomiasis bei Geflüchteten aus Subsahara-Afrika |
VerfasserIn: | Lunardon, Lisa-Maria |
Sprache: | Deutsch |
Erscheinungsjahr: | 2022 |
Erscheinungsort: | Homburg/Saar |
DDC-Sachgruppe: | 000 Allgemeines, Wissenschaft 610 Medizin, Gesundheit |
Dokumenttyp: | Dissertation |
Abstract: | Hintergrund: Die Schistosomiasis (Bilharziose) ist eine tropische Wurmerkrankung, mit der nach Schätzungen mindestens 230 Millionen Menschen weltweit infiziert sind, wobei die höchste Krankheitslast in Subsahara-Afrika liegt. Aufgrund von Migration, Globalisierung und Klimawandel hat die Schistosomiasis als importierte Infektion auch in Europa an Bedeutung gewonnen. Ausgelöst wird die Erkrankung durch einen Pärchenegel der Gattung Schistosoma spp. Eine Infektion kann sich klinisch in unterschiedlichen Ausprägungen präsentieren, aber auch über lange Zeit ohne deutliche Symptome auftreten. Akut zeigt sie sich häufig unspezifisch. Im Falle einer chronischen Infektion sind je nach auslösender Schistosomen-Spezies eine Leberfibrose mit Folgeerkrankungen (z.B. portale Hypertension) oder auch ein Befall des Urogenitaltrakts mit dem Risiko der Entstehung von Harnblasenkarzinomen möglich. Eine Schistosomiasis lässt sich mit dem Anthelminthikum Praziquantel effektiv behandeln. Hierfür ist jedoch eine frühzeitige Diagnosestellung zur Vorbeugung von Langzeitkomplikationen bedeutsam. Leider ist die Mikroskopie von Stuhl oder Urin, welche zumeist als diagnostische Methode angewandt wird, von vielen Faktoren abhängig und führt insbesondere bei niedriger Infektionsintensität häufig zu falsch-negativen Ergebnissen. Daher sind akkurate und vereinfachte diagnostische Methoden für einen breiteren Einsatz notwendig.
Methoden: In dieser klinischen bi-zentrischen Studie wurden epidemiologische Daten zu Schistosomiasis bei Geflüchteten aus Subsahara-Afrika erfasst und diagnostische Methoden verglichen. Die Rekrutierung der Proband:innen, die alle innerhalb der vorhergehenden drei Jahre aus einem Schistosomiasis-Endemiegebiet nach Europa migriert waren, erfolgte über Erstaufnahmezentren im Saarland und in Berlin. Es wurde ein klinischer Fragebogen ausgewertet sowie Stuhl-, Urin- und Blutproben zur weiteren Diagnostik untersucht. Zum Nachweis einer Schistosomiasis dienten: (i) Urin- und Stuhlmikroskopie, (ii) ein Urin-Antigen-Schnelltest (POC-CCA Test), (iii) eine Serologie (IHAT und ELISA), und (iv) eine Serum-PCR. Begleitend erfolgte die Blutbildanalyse zur Evaluation einer Eosinophilie als Hinweis für eine Wurminfektion. Die statistische Auswertung der erhobenen Daten wurde mit den Softwares SPSS und R unter Anwendung von Latent-Class-Models durchgeführt. Hierfür wurde eigens ein Referenzstandard eingeführt. Als Schistosoma spp. positiv wurden Personen gezählt, die mindestens ein positives Ergebnis in einem der direkten Erregernachweisverfahren (PCR oder Mikroskopie oder POC-CCA) aufwiesen.
Ergebnisse: Insgesamt wurden die Daten von 191 Proband:innen ausgewertet. 82 Personen (42,9 %) konnten der saarländischen und 109 (57,1 %) der Berliner Studienpopulation zugeschrieben werden. Die Gesamtprävalenz der Schistosomiasis, berechnet unter Berücksichtigung unseres Referenzstandards, lag bei 15,2 % (95 % CI: 10,5, 20,4). Wobei sich die Prävalenz je nach angewandter Methode teilweise auch stark unterschied: Mikroskopie: 2,6 %, POC-CCA-Test: 11,0 %, Serologie (IHAT / ELISA): 13,3 % / 35,8 % und PCR: 13,6 %.
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Die Mikroskopie und der POC-CCA-Test wiesen eine sehr niedrige Sensitivität auf (16,3 % / 22,8 %). Deutlich bessere Ergebnisse hingegen lieferten mit 50,0 % / 84,0 % (IHAT / ELISA) die Serologie und mit 86,5 % die PCR. Eine Kombination aus unterschiedlichen Tests führte zu einer Erhöhung der Sensitivität, beispielsweise konnte die Mikroskopie gemeinsam mit der PCR eine Sensitivität von 89,2 % erreichen. Auch der Nachweis einer Eosinophilie war statistisch signifikant (p=0.01) für das Vorliegen einer Schistosoma spp.-Infektion. Hingegen lag zwischen der Anwesenheit von klinischen Symptomen und dem Nachweis von Schistosomiasis kein signifikanter Zusammenhang vor.
Diskussion: Eine Schistosomiasis ist ein relevantes Gesundheitsproblem bei Migrant:innen aus Subsahara-Afrika. Die Stuhl-/Urin-Mikroskopie sollte aufgrund niedriger Sensitivität in nicht- endemischen Regionen nicht als alleinige diagnostische Methode zur Erfassung einer Schistosoma spp.- Infektionen herangezogen werden. Sie ist jedoch ein Kernelement der Schistosomiasis Diagnostik und nimmt insbesondere zur Erfassung von parasitären Koinfektionen einen wichtigen Stellenwert ein. Basierend auf den Ergebnissen dieser Arbeit ist eine Kombination diagnostischer Methoden zu empfehlen: bestenfalls Mikroskopie und PCR, alternativ POC-CCA-Test und PCR, sowie ein Differenzialblutbild. Außerdem erscheint es sinnvoll, aufgrund der relevanten Prävalenz an klinisch asymptomatischen Infektionen, eine freiwillige und kostenlose Schistosomiasis-Screening- Untersuchung für Migrant:innen aus Subsahara-Afrika anzubieten. Background: Schistosomiasis (Bilharzia) is a tropical worm disease affecting more than 230 million individuals around the globe. People get infected with the Schistosoma spp. through contact with contaminated freshwater in endemic areas (e.g. sub-Saharan Africa). In the last few years, the infectious disease has also gained importance in Europe due to migration, globalization, and climate change. Acute symptoms are often unspecific and sometimes even absent. In case of a chronic infection, liver fibrosis with its complications (e.g. portal hypertension) and the risk of developing bladder carcinomas due to urogenital infection are possible consequences. Schistosomiasis can be effectively treated with the anthelmintic drug praziquantel. However, early diagnosis is highly relevant to prevent long-term complications. The current standard diagnostic tool, stool or urine microscopy, depends on many factors and often leads to false-negative results. Therefore, accurate and simplified diagnostic methods are necessary for wider use. Methods: In this clinical bi-centric study, the prevalence of schistosomiasis in migrants from sub- Saharan Africa was evaluated. Therefore, epidemiological data was collected, and diagnostic methods were compared. Most participants, who all migrated in the past three years to Europe, were recruited via refugee camps in Saarland and Berlin. A questionnaire was conducted, and blood, urine and stool samples were provided for further analysis. Schistosomiasis was detected by: (i) urine and stool microscopy, (ii) a rapid urine antigen test (POC-CCA test), (iii) serology, and (iv) serum PCR. At the same time, blood was analyzed to evaluate eosinophilia as an indication of a worm infection. The statistical evaluation of the collected data was carried out with SPSS as well as R using latent class models. A reference standard was defined for these analyses: individuals who had at least one positive result in one of the direct pathogen detection methods (PCR or microscopy or POC-CCA) were considered as ‘true positives’. Results: In total, the data of 191 people were evaluated. 82 people (42.9 %) could be assigned to the Saarland and 109 (57.1 %) to the Berlin study population. The overall prevalence of schistosomiasis calculated using our reference standard was 15.2 % (95% CI: 10.5, 20.4). The prevalence differed depending on the method used: microscopy: 2.6 %, POC-CCA test: 11.0 %, serology (IHAT / ELISA): 13.3 % / 35.8 % and PCR: 13.6 %. Microscopy and the POC-CCA test showed very low sensitivity (16.3 % / 22.8 %). Serology, on the other hand, was considerably more sensitive with 50.0 % / 84.0 % (IHAT / ELISA), and PCR had a sensitivity of 86.5 %. A combination of different tests led to an increase in sensitivity, for example, microscopy combined with PCR achieved a sensitivity of 89.2 %. The detection of eosinophilia was also statistically significant (p=0.01) for the presence of a Schistosoma spp. infection. On the other hand, there was no significant connection between the presence of clinical symptoms and the detection of schistosomiasis. 6 Discussion: Schistosomiasis is a relevant health problem in migrants from sub-Saharan Africa. Due to low sensitivity in non-endemic regions, microscopy cannot be used as a single diagnostic tool for diagnosing Schistosoma spp. infections. However, microscopy is still important for the detection of parasitic co-infections. A combination of diagnostic methods is recommended, ideally microscopy and PCR, alternatively POC-CCA test and PCR. White blood cell differentials should be performed to detect eosinophilia. Due to the considerable prevalence of asymptomatic infections, screening for schistosomiasis should be offered to migrants from sub-Saharan Africa on a voluntary basis. |
Link zu diesem Datensatz: | urn:nbn:de:bsz:291--ds-400294 hdl:20.500.11880/36043 http://dx.doi.org/10.22028/D291-40029 |
Erstgutachter: | Becker, Sören Leif |
Tag der mündlichen Prüfung: | 27-Mär-2023 |
Datum des Eintrags: | 27-Jun-2023 |
Fakultät: | M - Medizinische Fakultät |
Fachrichtung: | M - Infektionsmedizin |
Professur: | M - Prof. Dr. Sören Becker |
Sammlung: | SciDok - Der Wissenschaftsserver der Universität des Saarlandes |
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