Bitte benutzen Sie diese Referenz, um auf diese Ressource zu verweisen: doi:10.22028/D291-36611
Titel: Phänotypische Charakterisierung des Abcg8 p.D19H transgenen Mausmodells
VerfasserIn: Bopp, Caroline
Sprache: Deutsch
Erscheinungsjahr: 2021
Erscheinungsort: Homburg/Saar
DDC-Sachgruppe: 500 Naturwissenschaften
610 Medizin, Gesundheit
Dokumenttyp: Dissertation
Abstract: Die Gallensteinerkrankung betrifft mehr als 10 % der Erwachsenen in Europa und Amerika. Das individuelle Krankheitsrisiko wird durch zahlreiche Umweltfaktoren und Risikogenvarianten bestimmt. Eine bedeutsame Risikogenvariante für die Gallensteinerkrankung ist der ABCG8 p.D19H-Polymorphismus. Das ABCG8-Gen kodiert für den Halbtransporter ABCG8, der mit ABCG5 den Heterodimer ABCG5/8 bildet. ABCG5/8 ist eine Effluxpumpe, die in der apikalen Membran von Hepatozyten, Cholangiozyten und Enterozyten lokalisiert ist und Cholesterin sowie Phytosterine in die Galle beziehungsweise in das Darmlumen sezerniert. Phytosterine sind pflanzliche Cholesterinanaloga, die mit der Nahrung aufgenommen werden und vielfältig mit dem Cholesterinstoffwechsel interferieren. Die Funktion der ABCG5/8-Effluxpumpe ist essenziell, um die Zellen vor einer Phytosterinakkumulation sowie deren Folgen für den Cholesterinstoffwechsel zu schützen. In unserer Arbeitsgruppe war ein transgenes Mausmodell mit dem Abcg8 p.D19H-Polymorphismus generiert worden, um die Auswirkungen der Risikogenvariante auf die ABCG5/8 Funktion und den Cholesterinstoffwechsel zu ergründen. Die Abcg8 p.D19H Knockin-Mäuse wurden im Rahmen dieser Doktorarbeit phänotypisiert und hinsichtlich der wichtigsten Organe für den Cholesterinstoffwechsel untersucht. Hierfür wurden die Gallenblasen entnommen, das Gallenblasenvolumen bestimmt und die Gallenblasengalle mikroskopisch und laborchemisch analysiert. Des Weiteren wurden Serum-, Leber- und Darmgewebeproben gewonnen. Anhand der Leber- und Darmgewebeproben wurden Expressionsanalysen von relevanten Genen des Cholesterin- und Fettstoffwechsels durchgeführt. Außerdem wurden die Konzentrationen bestimmter Sterol- und Gallensäurenspezies aus Serum-, Leber- und Galleproben der Knockin-Mäuse bestimmt und im Rahmen dieser Doktorarbeit ausgewertet. Die Wildtyp-Mäuse des gleichen Wurfs dienten stets als Kontrollen. Die Untersuchungen zeigten bei den Knockin-Mäusen im Vergleich zu den Kontrollen größere Gallenblasenvolumina. Zudem waren in der Gallenblasengalle der Knockin-Mäuse die Cholesterinkonzentrationen höher und die Menge an Flüssigkristallen größer. Bemerkenswerterweise waren in den Leber- und Serumproben der Knockin-Mäuse die Phytosterinkonzentrationen erhöht. Die hepatische Acat2- und Tm6sf2-Expression waren bei den Knockin-Mäusen reprimiert. Der beschriebene Phänotyp der Knockin-Mäuse führt zu der Hypothese vom Funktionsdefizit der ABCG5/8-Effluxpumpe infolge des ABCG8 p.D19H Polymorphismus. Für diese Hypothese sprechen zwei Beobachtungen: Erstens sind die erhöhten Phytosterinkonzentrationen in der Leber und im Serum der Knockin-Mäuse ein Hinweis für die unzureichende Elimination der Sterole durch die hepatische und intestinale ABCG5/8-Effluxpumpe. Zweitens deuten die größeren Gallenblasenvolumina bei den Knockin-Mäusen auf eine Cholesterinakkumulation in der Gallenblasenwand hin, was auf die unzureichende Sterolelimination durch ABCG5/8 auf der Ebene der Cholangiozyten hinweist. Während die beiden genannten Ergebnisse die Hypothese unterstützen, besteht prima facie eine Inkonsistenz zwischen der Vorstellung vom Funktionsdefizit der ABCG5/8-Effluxpumpe und der beobachteten Erhöhung der Cholesterinkonzentrationen in der Gallenblasengalle der Knockin-Mäuse. Diese Beobachtung steht allerdings nicht zwingend im Widerspruch zur Hypothese, da die aktuelle Studienlage für die Existenz einer alternativen, ABCG5/8 unbhängigen Sekretion von Cholesterin spricht. Eine ABCG5/8 unbhängige Cholesterinsekretion würde erhöhte biliäre Cholesterinkonzentrationen im Rahmen eines ABCG5/8-Funktionsdefizits erklären. Hinsichtlich der Auswirkungen der Abcg8 p.D19H-Variante auf die hepatische Genexpression waren Acat2 und Tm6sf2, die für wichtige Proteine der VLDL-Bildung und -Sekretion kodieren, reprimiert. Dies ist in Einklang damit, dass die Sterolakkumulation bei den Knockin-Mäusen primär das hepatobiliäre System betraf und die Cholesterinkonzentrationen im Serum der Knockin-Mäuse vergleichbar waren mit den Kontrollen. Schlussendlich resultieren aus der Phänotypisierung der Knockin-Mäuse wesentliche Erkenntnisse über die Gallensteinprädisposition infolge des ABCG8 p.D19H-Polymorphismus. Diese Erkenntnisse, vorausgesetzt sie lassen sich auch an humanen Polymorphismusträgern reproduzieren, liefern erste Ansatzpunkte für eine maßgeschneiderte diätetische und pharmakologische Gallensteinprävention: Den Trägern des ABCG8 p.D19H-Polymorphismus sollte zu einer geringeren Phytosterinaufnahme mit der Nahrung geraten werden, um die reduzierte ABCG5/8-Transporterfunktion nicht zu überlasten. Andernfalls können Phytosterine auf längere Sicht akkumulieren, sodass es durch phytosterin-induzierte Mechanismen schließlich zur kritischen Cholesterinakkumulation im hepatobiliären System und zur Gallensteinentstehung kommen kann. Ergänzend zu den Ernährungsmaßnahmen kann eine medikamentöse Therapie mit Sterolresorptionshemmern wie Ezetimib erwogen werden. Zudem könnte über den Einsatz motilitätsfördernder Medikamente nachgedacht werden, da es bei ABCG8 p.D19H-Polymorphismusträgern frühzeitig zur Gallenblasenhypomotilität kommt, die die Gallensteinentstehung beschleunigt.
Gallstone disease is a very common disorder among adults. The individual disease risk depends on environmental factors and several risk gene variants. One important risk gene variant is the p.D19H polymorphism in the ABCG8 gene. ABCG8 encodes the hemitransporter protein ABCG8, which heterodimerizes with ABCG5 to form the ABCG5/8 transporter. ABCG5/8 is localized in the apical membrane of hepatocytes, cholangiocytes and enterocytes. It transports cholesterol and plant sterols (phytosterols) into the biliary tract and the intestine. The function of the ABCG5/8 transporter is essential to protect cells from phytosterol overload that disturbs cholesterol metabolism. Our research group generated the Abcg8 p.D19H knockin mouse model with the aim of clarifying the consequences of the ABCG8 p.D19H polymorphism on the function of ABCG5/8 and the cholesterol metabolism. Within the context of this doctoral thesis the knockin mice were phenotyped in detail, focussing on the organs that are mainly involved in cholesterol metabolism. Wild-type littermates served as controls. Initially a cholecystectomy was performed in order to determine the gallbladder volume and to analyse the physical chemistry of gallbladder bile. Tissue samples from liver and small intestine were removed to measure the expression of genes regulating the cholesterol metabolism. Furthermore, this thesis analysed data on specific sterol concentrations in serum, bile and liver tissue. The studies revealed larger gallbladder volumes as well as higher cholesterol concentrations and more liquid crystals in the gallbladder bile of the knockin mice as compared to controls. Furthermore, the phytosterol concentrations in the liver and the serum of the knockin mice were increased as compared to their wild-type counterparts. Hepatic Acat2 and Tm6sf2 steady-state mRNA levels were repressed. The phenotype found in the knockin mice, demonstrating hepatobiliary sterol accumulation, leads to the hypothesis of a deficient transport function of ABCG5/8. There are two reasons for this: Firstly the hepatic phytosterol accumulation is a sign for insufficient sterol elimination by the efflux pump ABCG5/8 in hepatocytes and enterocytes. Secondly, the increased gallbladder volumes suggest cholesterol accumulation in the gallbladder wall, which also indicates insufficient sterol elimination, in this case by cholangiocytes. There remained only one inconsistency between the knockin phenotype and our hypothesis. How can there be higher cholesterol concentrations and cholesterol crystals in bile when there is a deficit in the transport function of ABCG5/8? However, this is not necessarily a contradiction because there is growing evidence that an alternative ABCG5/8-independent cholesterol secretion mechanism exists. Referring to the consequences of the ABCG8 p.D19H polymorphism on cholesterol metabolism, we noticed that Acat2 and Tm6sf2 were repressed in liver, leading a priori to reduced VLDL secretion. This might explain the unusual combination of sterol accumulation in the hepatobiliary system and normal sterol concentrations in serum. Finally, the phenotypic characterisation of the knockin mouse model contributes to better understanding why carriers of the ABCG8 p.D19H variant are highly susceptible to gallstone formation and opens new avenues for stone prevention. Should further studies in humans reproduce these findings then carriers of the polymorphism could be advised to restrict their phytosterol intake so that the ABCG5/8 transport capacity is not exceeded. Otherwise phytosterols would accumulate in the long term, which in turn might lead to critical cholesterol accumulation in the hepatobiliary system due to phytosterol-induced alterations of cholesterol metabolism. The dietary regimen could be supplemented by auxiliary treatment with the sterol absorption inhibitor ezetimibe. Finally, a possible therapy with drugs increasing gallbladder motility should be assessed in order to overcome early gallbladder dysfunction promoting gallstone formation in carriers of the ABCG8 risk allele.
Link zu diesem Datensatz: urn:nbn:de:bsz:291--ds-366115
hdl:20.500.11880/33474
http://dx.doi.org/10.22028/D291-36611
Erstgutachter: Lammert, Frank
Tag der mündlichen Prüfung: 24-Jun-2022
Datum des Eintrags: 15-Jul-2022
Fakultät: M - Medizinische Fakultät
Fachrichtung: M - Innere Medizin
Professur: M - Prof. Dr. Frank Lammert
Sammlung:SciDok - Der Wissenschaftsserver der Universität des Saarlandes

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