Please use this identifier to cite or link to this item: doi:10.22028/D291-27781
Title: Systeme der Fahranfängervorbereitung und die Bedeutung der Übung beim Fahrenlernen – Betrachtung des Forschungsstandes aus Sicht der Expertise- und Kompetenzforschung
Author(s): Grattenthaler, Heidi
Language: German
Year of Publication: 2019
Place of publication: Saarbrücken
SWD key words: Fahranfänger
Evaluation
System
Expertise
Free key words: Fahrausbildung
Systeme der Fahranfängervorbereitung
Fahrkompetenzerwerb
Fahrfertigkeiten
DDC notations: 150 Psychology
370 Education
Publikation type: Dissertation
Abstract: Die vorliegende Dissertation setzt im Themenfeld der anhaltend hohen Unfallzahlen von Fahranfängern und jungen Fahrern ein. Sie beschäftigt sich auf internationaler und nationaler Ebene mit der Gestaltungsweise von Systemen der Fahranfängervorbereitung (FAV) und dem Erwerb von Fahrkompetenzen. Der Fokus liegt diesbezüglich auf der supervidierten Lernphase in Systemen der FAV und dem in dieser Phase häufig eingesetzten Systembaustein der Lehr-Lernform des Begleiteten Fahrenlernens. Es wird der aktuelle Forschungsstand zu Systemen der FAV und dem Erwerb von Fahrkompetenzen dargestellt. Der Forschungsstand zeigt, dass dem in der Literatur vorhandenen umfangreichen Wissen zu (a) den Gründen für die hohen Unfallzahlen der Fahranfänger und jungen Fahrer, zu (b) den verschiedenen Systemgestaltungen und zu (c) den in Katalogen gelisteten Fahrkompetenzen gegenüber steht, dass die Lernprozesse beim Fahrenlernen bisher kaum untersucht sind. Aus diesem Gegensatz ergibt sich als erste übergeordnete Frage der Dissertation: Welche Wissenslücken zum Fahrkompetenzerwerb bestehen in Systemen der FAV? Während für die Fahrausbildung aufgrund methodischer Grenzen ein Beleg der Sicherheitswirksamkeit anhand von Unfallzahlen kaum möglich ist (Bredow & Sturzbecher, 2016; Clinton & Lonero, 2006; Peck, 2006; Smith, 1983), ist die positive Auswirkung der Lehr-Lernform des Begleiteten Fahrenlernens auf die Verkehrssicherheit nachgewiesen. Hierzu zeigen verschiedene Evaluationsstudien (z.B. Funk & Grüninger, 2010; Gregersen, Nyberg & Berg, 2003; Mayhew, Simpson & Pak, 2003; Williams, Preusser, Ferguson & Ulmer, 1997), dass Fahranfänger wenige Unfälle haben während sie in der Lehr-Lernform des Begleiteten Fahrenlernens mit einem Begleiter fahren. Neben Unfallzahlen und Verkehrsverstößen werden in Evaluationsstudien der Lehr-Lernform des Begleiteten Fahrenlernens mitunter auch Indikatoren der Menge der Übung und der Vielfältigkeit der Lernumstände erhoben (z.B. in Funk & Grüninger, 2010; Goodwin, Foss, Margolies & Waller, 2010; Gregersen, 1997; Harrison, 1999; Wells, Tong, Sexton, Grayson & Jones, 2008a, 2008b). Dieses Vorgehen koinzidiert mit der vermuteten Wirkweise des Begleiteten Fahrenlernens – dem practice makes perfect aus der Expertiseforschung. Leistungsstände zur Abbildung der Entwicklung von Fahrfertigkeiten werden in solchen Evaluationsstudien jedoch regelhaft nicht erfasst. Die für die vorliegende Dissertation herangezogenen Modelle und Ansätze der Expertiseforschung (Anderson, 1982, 1983, 1996; Ericsson, 2006a, 2008, 2013; Fitts & Posner, 1967) verdeutlichen, dass nicht nur die Menge der Übung und ihre Qualität, sondern auch die Orientierung an Leistungsniveaus im Zeitverlauf eine Rolle für den Fertigkeitserwerb spielen. Die regelhafte Nichterfassung von Leistungsständen im Verlauf des Fahrfertigkeitserwerbs schränkt entsprechend aus Sichtweise der Expertiseforschung die Möglichkeiten ein, fundierte Erkenntnisse zur Gestaltung des Expertiseerwerbs beim Fahrenlernen zu erhalten. Diesbezüglich stellt sich die vorliegende Dissertation einer zweiten übergeordneten Frage: Worin liegt das Potential der Erfassung von Leistungsständen beim Fahrenlernen im Zeitverlauf für die Gestaltung von Systemen der FAV? Zur Beantwortung dieser beiden übergeordneten Fragen umfasst die vorliegende Dissertation zwei Einzelstudien. Studie 1 trägt zur Beantwortung der ersten übergeordneten Frage mit vier aus der Literatur abgeleiteten Forschungsdesideraten zum Fahrkompetenzerwerb in Systemen der FAV bei. Studie 2 geht – anhand einer Zusammenstellung internationaler und nationaler Evaluationsbefunde – hierzu besonders auf die Bedeutung des Leistungsstandes der Fahrfertigkeitsentwicklung am Übergang der supervidierten zur selbstständigen Lernphase in System der FAV ein. Dieser Zeitraum ist in Systemen der FAV derjenige, an dem die Unfallzahlen der Fahranfänger und jungen Fahrer in der Regel am höchsten sind, was Gestalter von Systemen der FAV anhaltend vor eine Herausforderung stellt. Dabei konnte erstens aus Sicht der Expertiseforschung anhand von Andersons (1982; 1983; 1996) Modell des Fertigkeitserwerb und der Ausführungen von Ericsson (2006a; 2008; 2013) zum deliberate practice-Ansatz (Ericsson et al., 1993) eine an der Fertigkeitsentwicklung orientierte Erklärung für die hohen Unfallzahlen der Fahranfänger und jungen Fahrer am Beginn der selbstständigen Lernphase aufgezeigt werden: ein zu geringer Fertigkeitsstand in Phase 2 von Andersons (1982; 1983; 1996) Modell, der das Auftreten von Fehlern noch sehr wahrscheinlich macht. Zweitens konnte für die selbstständige Lernphase die Notwendigkeit der Bestimmung des Verhältnisses zwischen dem Bedarf an bloßem Erfahrungen Sammeln für die Aufrechterhaltung des bis dato erreichten Leistungsniveaus und dem Bedarf an deliberate practice für Leistungsverbesserungen als Gestaltungsmöglichkeit in Systemen der FAV beschrieben werden. Zur Beantwortung der zweiten übergeordneten Frage dieser Dissertation geht aus Studie 1 als wichtigstes Ergebnis hervor, dass aufgrund der Nichterfassung von Leistungsständen im Zeitverlauf die Verortung der Lernstände von einzelnen Kompetenzen in einzelnen Maßnahmen eines Systems der FAV bisher schwierig ist. In Studie 2 wurde hierzu aus der Einschränkung des Erkenntnisgewinns durch die Nichterfassung von Leistungsständen schließlich das Potential der Erfassung von Leistungsständen im Zeitverlauf für die Gestaltung von Systemen der FAV abgeleitet. Die Kombination der Erfassung von Indikatoren der Menge und der Qualität der Übung mit Leistungsständen im Zeitverlauf hätte aus Sicht der Expertiseforschung eine größere Aussagekraft für die Gestaltung von Systemen der FAV. Durch Leistungsstände lässt sich nicht nur für eine Maßnahme ihre Zielgerichtetheit für den Fahrfertigkeitserwerb überprüfen, sondern langfristig auch im Sinne des blended learning (Kerres & de Witt, 2003) die inhaltliche Abstimmung einzelner Maßnahmen untereinander in einem System der FAV effektiver gestalten. So gelang es im Rahmen dieser Arbeit die Nützlichkeit der Sichtweise der Expertiseforschung anhand der gewählten Theorien und Ansätze in Ergänzung zu dem bereits vorhandenen Fokus auf die Verkehrssicherheit anhand von Unfallzahlen und Verkehrsverstößen aufzuzeigen. Die empirische Datenbasis zu Leistungsständen in der supervidierten Lernphase sollte deswegen zukünftig aufgebaut werden, um die damit zu erwartenden Erkenntnisse zur Fahrfertigkeitsentwicklung für die Gestaltung der selbstständigen Lernphase in Systemen der FAV nutzen zu können. Damit würde auch die Grundlage geschaffen, die Fahrkompetenzmodellierung für bestimmte Systembausteine (z.B. Fahrausbildung) in Angriff zu nehmen.
Link to this record: urn:nbn:de:bsz:291--ds-277817
hdl:20.500.11880/27360
http://dx.doi.org/10.22028/D291-27781
Advisor: Brünken, Roland
Date of oral examination: 6-Feb-2019
Date of registration: 11-Mar-2019
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Faculty: HW - Fakultät für Empirische Humanwissenschaften und Wirtschaftswissenschaft
Department: HW - Bildungswissenschaften
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