Bitte benutzen Sie diese Referenz, um auf diese Ressource zu verweisen: doi:10.22028/D291-23422
Titel: "Sentio, ergo sum." Therapie somatosensorischer Beeinträchtigungen nach Schlaganfall
Alternativtitel: "Sentio, ergo sum." Treatment of somatosensory deficits after stroke
VerfasserIn: Adams, Michaela
Sprache: Deutsch
Erscheinungsjahr: 2016
Kontrollierte Schlagwörter: Schlaganfall
Rehabilitation
Somatosensorisches System
Spiegeltherapie
Neuralgie
Freie Schlagwörter: Missempfindungen
neuropathischer Schmerz
galvanisch-vestibuläre Stimulation
repetitive periphere Magnetstimulation
Nackenmuskelvibration
cerebrovascular disease
rehabilitation
galvanic-vestibular stimulation
somatosensory deficits
central neuropathic pain
DDC-Sachgruppe: 150 Psychologie
Dokumenttyp: Dissertation
Abstract: Obwohl über die Hälfte aller Schlaganfallpatienten unter somatosensorischen Funktionsdefiziten wie Hypästhesien, Hypalgesien bzw. Missempfindungen leiden, gibt es kaum adäquate, evidenzbasierte Behandlungsansätze für diese Störungen. In vielen Fällen persistieren die Symptome, verzögern die Rehabilitation und resultieren in einer chronischen Beeinträchtigung des alltäglichen Lebens. Die im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Patienten zeigten in Abhängigkeit der Schädigungslokalisation ein breites Spektrum an Symptomen: taktile Extinktionsphänomene nach rechtsseitigen Läsionen oder typische sensible Minussymptome wie Taubheitsgefühle (Hemihypästhesien), einen Verlust des Vibrationsempfindens, ausgeprägte Missempfindungen wie Kribbelparästhesien und / oder fremdartige Gefühle in der betroffenen Körperseite, bis hin zu spontan einschießenden oder andauernden brennend-stechenden neuropathischen Schmerzen. Ziel der vorliegenden Dissertation war es daher, geeignete neue Therapieansätze in der Behandlung von somatosensorischen Beeinträchtigungen, neuropathischen Schmerzen und der taktilen Extinktion zu erproben und hinsichtlich ihrer Wirksamkeit zu evaluieren. Studie 1 ist eine klinisch-experimentelle Pilotstudie, in der drei Patienten mit chronischen Missempfindungen und Sensibilitätsstörungen nach Schlaganfall ein dreiwöchiges, kombiniertes Therapieprogramm mit Spiegeltherapie und paralleler, subliminaler (unterschwelliger) galvanisch-vestibulärer Stimulation (GVS) durchliefen. Die drei Patienten erlebten dabei erstmals nach mehreren gescheiterten Therapieversuchen eine dauerhafte Linderung ihrer Symptomatik. Die drei Einzelfälle zeigen, dass repetitiv angewendete GVS in Kombination mit Spiegeltherapie als aktiv übendes Verfahren langanhaltende, schmerzhafte Missempfindungen derart lindert, sodass sie sich nicht mehr oder kaum noch negativ auf den Alltag auswirken. In der zweiten, Placebo-kontrollierten Studie erhielten sechs Patienten mit somatosensorischen Beeinträchtigungen nach einem Schlaganfall eine 20-minütige Stimulation mit schwachen, elektrischen Gleichströmen. Verglichen mit 59 altersgematchten Normalpersonen zeigten sie vor der Stimulation deutliche somatosensible Defizite. Es konnte gezeigt werden, dass die GVS einen permanenten modulierenden Einfluss auf die untersuchten somatosensorischen Submodalitäten, nämlich eine Erhöhung der taktilen Berührungssensibilität, eine Verbesserung der Pallästhesie und der Zweipunktdiskrimination, hat. Eine Modulation der pathologischen Temperaturdifferenz zwischen ipsiläsionaler und kontraläsionaler Körperseite konnte durch die einmalige Applikation von GVS nicht erreicht werden. Der modulierende Effekt der GVS auf die sensiblen Parameter zeigte sich nicht nur für die kontraläsionale, sondern auch für die ipsiläsionale Körperseite. Sowohl für die Patienten mit rechtshemisphärischen, als auch die Patienten mit linkshemisphärischen Schädigungen konnte mit dieser Studie nachgewiesen werden, dass GVS die untersuchten somatosensorischen Parameter nachhaltig beeinflusst, und dies auch über einen gewissen Zeitraum über die eigentliche Stimulation hinaus (20 Minuten). In Studie 3 wurde die Modulierbarkeit der taktilen Extinktion bei 10 Patienten mit rechtshemisphärischen Schädigungen mithilfe repetitiver, peripherer Magnetstimulation (rPMS) der kontraläsionalen Hand im Vergleich zu kutaner Nackenmuskelvibration (NMV) untersucht. 11 altersgematchte gesunde Probanden dienten als Kontrolle. Patienten mit taktiler Extinktion können zwar einseitige, taktile Reize wahrnehmen, bei simultaner, beidseitiger Präsentation zweier Reize auf dem linken und rechten Handrücken vernachlässigen sie jedoch den kontraläsionalen Reiz. Für die 30-minütige Stimulation der kontraläsionalen Nackenmuskulatur (NMV) konnte keine Reduktion der taktilen Extinktion nachgewiesen werden, dagegen führte die 30-minütige rPMS über der Innervationszone der kontraläsionalen Handmuskulatur zu einer deutlichen Reduktion dieses Extinktionsphänomens. Alle drei Studien zeigen ein deutliches Potenzial der verwendeten Stimulationsverfahren – GVS und rPMS – in der Behandlung sensibler Störungen. Vor allem GVS scheint ein vielversprechendes Verfahren zu sein, das aufgrund seiner zahlreichen Vorteile gegenüber anderen Verfahren, u. a. der relativ leichten Handhabbarkeit im klinischen Alltag, mehr Berücksichtigung in der neurologischen Rehabilitation finden sollte. Dadurch könnte zukünftig die Diskrepanz zwischen dem steigenden Behandlungsbedarf für somatosensorische Beeinträchtigungen bei neurologischen Erkrankungen und den bislang kaum existenten und oft wenig wirksamen Therapieansätzen verringert werden.
Although more than 50 % of stroke patients show somatosensory deficits and paraesthesia, there is only a limited number of evidence-based rehabilitation approaches for these disorders. In many cases, the symptoms persist, which have a negative influence on rehabilitation and result in a chronic impairment of quality of life. The patients studied showed a wide range of symptoms: tactile extinction after right-hemispheric lesions or a typical loss of somatosensory functions such as numbness, a loss of vibration sense, paresthesia (tingling sensations) and/or spontaneous or evoked neuropathic pain. The aim of the present doctoral thesis was therefore to find and evaluate new therapeutic approaches for the treatment of somatosensory impairments, neuropathic pain and tactile extinction. In study 1, three patients with initial left-sided hemiparesis and persistent paresthesia (e.g. burning or tingling sensations) due to chronic right-hemisphere lesions were studied. Despite several inpatient rehabilitation programs, the symptoms still persisted. We therefore conducted a combined therapy program, including mirror therapy and parallel subliminal GVS, for a total of three weeks. The treatment revealed a long lasting decrease of sensory disturbances in all three cases. The concomitant treatment of mirror training and the application of weak electrical currents over the thalamo-vestibular system is therefore a promising and readily applicable method for the enhancement of therapeutic effects in the somatosensory neurorehabilitation after stroke. In the second, placebo-controlled study, six patients with somatosensory impairments after stroke received a 20-minutes stimulation with weak GVS. Compared with 59 age-matched normal subjects, they showed significant somatosensory deficits before the electrical stimulation. After the stimulation, the results show that GVS has a permanent modulating effect on different somatosensory sub-modalities, namely an increase in tactile sensitivity to touch, improvement of vibration sense and two-point discrimination. The modulating effect of GVS on the somatosensory parameters was not only found for the contralesional, but also for the ipsilesional body side during the stimulation and also for more than 20 minutes after stimulation. In Study 3, the modulation of tactile extinction in 10 patients (rPMS) after right-hemispheric lesion was examined with two different stimulation methods, using cutaneous neck muscle vibration (NMV) and repetitive, peripheral magnetic stimulation. 11 age-matched healthy volunteers served as controls. Although patients with tactile extinction can perceive unilateral, tactile stimuli, they neglect left-sided/contralesional tactile stimuli during simultaneous, two-sided presentation of two stimuli on the left and right dorsum of the hand. After a 30-minute stimulation of contralesional neck muscles (NMV), no reduction in tactile extinction could be detected, however, a 30-minutes stimulation with rPMS over the contralesional hand muscles showed a significant reduction of tactile extinction. Study 1-3 show the clear potential of the stimulation with GVS and rPMS in the treatment of somatosensory disorders. In summary, GVS seems to be a promising, readily applicable method for the neurorehabilitation of somatosensory deficits after cerebrovascular lesions.
Link zu diesem Datensatz: urn:nbn:de:bsz:291-scidok-65851
hdl:20.500.11880/23478
http://dx.doi.org/10.22028/D291-23422
Erstgutachter: Kerkhoff, Georg
Tag der mündlichen Prüfung: 1-Jul-2016
Datum des Eintrags: 20-Jul-2016
Fakultät: HW - Fakultät für Empirische Humanwissenschaften und Wirtschaftswissenschaft
Fachrichtung: HW - Psychologie
Sammlung:SciDok - Der Wissenschaftsserver der Universität des Saarlandes

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