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doi:10.22028/D291-41128
Titel: | Die Bedeutung und Konsequenzen der Referenzpathologie beim kindlichen Nephroblastom |
VerfasserIn: | Henke, Carina |
Sprache: | Deutsch |
Erscheinungsjahr: | 2022 |
Erscheinungsort: | Homburg/Saar |
Kontrollierte Schlagwörter: | Nephroblastom |
Freie Schlagwörter: | kindliches Nephroblastom Referenzpathologie |
DDC-Sachgruppe: | 610 Medizin, Gesundheit |
Dokumenttyp: | Dissertation |
Abstract: | Der häufigste Nierentumor im Kindesalter ist der Wilmstumor. Die internationale Zusammenarbeit der Studiengruppen International Society of Paediatric Oncology (SIOP) in Europa und Children’s Oncology Group (COG) in Nordamerika hat durch gemeinsame Datensammlung und Forschung erreicht, dass kindliche Nierentumoren erfolgreicher therapiert werden; die Prognose der Patienten hat sich seit den 1930er Jahren von ungefähr 30% auf heute über 85% verbessert [1].
Ein wesentlicher Baustein dieser Verbesserung ist die Etablierung der Referenzpathologie seit SIOP 9 in Deutschland, wodurch die Diagnosegenauigkeit zugenommen hat.
Auf der Grundlage einer Datengesamtheit von 4269 Patienten aus den Jahren 1989 bis 2018 wird in dieser Arbeit eine Analyse vorgelegt.
Die Untersuchungen umfassen hierbei die Übereinstimmung und Abweichung der Diagnosen der Protokollpatienten zwischen dem Lokal- und Referenzpathologen sowie dem Referenz- und Panelpathologen. Die Fehldiagnosen werden weiter auf ihre möglichen Auswirkungen in Form von Unter-, Überbehandlung oder falscher Therapie untersucht.
Beim histologischen Vergleich von Lokal- und Referenzpathologie stehen 1903 Datensätze zur Verfügung. Eine Übereinstimmung von 88,12% (n=1677) der Diagnosen liegt vor.
In einem weiteren Vergleich wurde die Referenz- und Panelpathologie in 1159 Fällen verglichen. Die Übereinstimmung dieser beiden Pathologien beträgt 95,94% (n=1112).
Die häufigsten Abweichungen in der histologischen Beurteilung des WT durch sowohl den Lokal- (n=525) als auch Referenzpathologen (n=139) treten zwischen dem regressiven Subtyp (Lokalpathologe: 31,81% (n=167), Referenzpathologe: 23,74% (n=33)) und dem Mischtyp (Lokalpathologe: 19,24 (n=101), Referenzpathologe: 18,71% (n=26)) auf. Des Weiteren wird der stromareiche Subtyp (Lokalpathologe: 11,81% (n=62), Referenzpathologe: 12,95% (n=18)) häufig fehldiagnostiziert. Der Lokalpathologe fehldiagnostiziert am häufigsten von den anderen kindlichen Nierentumoren das Klarzellsarkom der Niere (n=26), die Nephroblastomatose (n=13),
Unklassifizierbar (n=4) und das kongenitale mesoblastisches Nephrom (n=4). Der Lokalpathologe hat die anderen kindlichen Nierentumoren oft mit einem Mischtyp (n=21) oder einem blastemreichen Subtyp nach präoperativer Chemotherapie (n=8) verwechselt.
Hätte einzig der Lokalpathologe eine Diagnose zur Histologie und lokalen Stadium vorgenommen, so hätte eine abweichende Diagnose beim WT (n=595) in 41,01% (n=244) keine Konsequenz auf die Therapie. In 33,61% (n=200) hätte es zu einer Unterbehandlung geführt, in 24,87% (n=148) zu einer Überbehandlung. Bei 0,5% (n=3) der Patienten ist eine falsche Therapie die Folge. Beim den anderen kindlichen Nierentumoren (n=42) hätte die Fehldiagnose des Lokalpathologen in 25,58% (n=11) keine Auswirkung auf die Therapie. In 39,53% (n=17) ist es zu einer Unterbehandlung und in 13,95% (n=6) zu einer Überbehandlung gekommen. Eine falsche Therapie wäre in 20,93% (n=9) die Folge.
Das lokale Stadium wird von Lokal- und Referenzpathologie mit 1821 Fällen verglichen. Insgesamt liegt die Übereinstimmung bei 87,48% (n=1593). In dem lokalen Stadium I (n=1106) kommt es in 93,67% (n=1036) zu einer Übereinstimmung. Im lokalen Stadium II (n=411) stimmen 72,26% (n=297) überein. In dem lokalen Stadium III (n=304) sind es 85,53% (n=260) Übereinstimmungen.
Im Vergleich beim lokalen Stadium von Referenz- und Panelpathologie (n=1001) stimmt die Gesamtzahl mit 93,7% (n=936) überein. Stadium I (n=609) stimmt zu 96,88% (n=590), Stadium II (n=231) zu 86,15% und Stadium III (n=161) zu 91,3% (n=147).
In dem lokalen Stadium II ist das Niveau der Fehldiagnosen der Pathologen am höchsten. Die Diskrepanz zwischen Lokal- und Referenzpathologe im Vergleich zu dem lokalen Stadium I und II beträgt 21,41% und zu dem lokalen Stadium II und III 13,26%. Zwischen dem Referenz- und Panelpathologen liegt die Diskrepanz bei 10,73% bzw. 5,16% bei dem lokalen Stadium II und III.
Die Diagnose des Lokalpathologen ist bei einer Abweichung in ungefähr 60% niedriger als die des Referenzpathologen. Gleiches gilt für den Referenzpathologen im Vergleich mit dem Panelpathologen.
Über die letzten 10 Jahre hat sich die Zweitbeurteilung durch den Referenzpathologen als Goldstandard durchgesetzt. In diesem Zeitraum verbessert sich die Diagnose der Lokalpathologie bei der Histologie um 7,82%-Punkte durch die Referenzpathologie; bei dem lokalen Stadium führt dies eine Steigerung von 6,22%-Punkten.
Die Diagnosegenauigkeit ist unabhängig von Alter, Geschlecht, Metastasen bei der Diagnose, syndromalen Erkrankungen in der Familie und familiären Vorerkrankungen. Die Überlebenszeitanalysen nach Kaplan-Meier zeigen, dass bei einer Übereinstimmung der Pathologien die ereignisfreie Zeit und das Gesamtüberleben verbessert wird. Zwischen Lokal- und Referenzpathologie besteht ein signifikanter Unterschied der histologischen Diagnosen für die Prognose des Patienten, der sich positiv durch den Referenzpathologen auf die Diagnosesicherheit auswirkt.
Die Datenlage bestätigt, dass der Referenzpathologe einen evidenten Beitrag zur Therapieoptimierung leistet. So lässt sich unter wirtschaftlichen Aspekten feststellen, dass der Einsatz der Referenzpathologie zu nennenswerten Einsparungen im Gesundheitssystem führt. Durchschnittlich kostet eine Untersuchung des Referenzpathologen 350€ pro Patient im Jahr. Dem stehen Folgekosten bei einem Patienten durch eine suboptimale Therapie abhängig vom Schweregrad im 15 000 – 50 000 Euro Bereich gegenüber.
Eine Konzentration der Behandlungen von Patienten mit kindlichen Nierentumoren auf wenige Krankenhäuser könnte zu einer Bündelung der Expertise in der Lokalpathologie führen.
Die durch SIOP etablierten Standards können mit einer Digitalisierung in der Pathologie verknüpft werden und die „real time“ Referenzpathologie fördern. Die Digitalisierung kann dahingehend genutzt werden - durch den freien Datenaustausch unabhängig vom Aufenthaltsort -, dass sie einen internationalen Austausch zwischen Experten vereinfacht und fördert. Dabei muss die Verordnung der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO), welche neben den Regeln für den Umgang mit personenbezogenen Daten wie z.B. die Aufbewahrung und Löschung auch einen Sanktionsrahmen für die zuständige Aufsichtsbehörde bei Verstößen setzt, zwingend Beachtung finden. Dies dient nicht nur dem Zweck die Betroffenen zu schützen, sondern auch dem Selbstschutz, um Strafzahlungen zu entgehen [2]. Diese Daten können zu besonders problematischen Histologien und für bessere Analysen genutzt werden. Wilms tumour is the most common kidney tumour in children. Because of international cooperation of the study groups SIOP in Europe and COG in North America, the collaborative data collection and research of childhood kidney tumour increased the prognosis due to optimised therapies; advanced therapies have improved the patient prognosis from around 30% in the 1930s to over 85% today [1]. One reason of this improvement is the establishment of the reference pathology in the treatment protocol to increase diagnostic accuracy. An analysis is presented based on a data set of 4269 patient data from 1989 to 2018. The investigations of this work include the agreement and discrepancy of the protocol patients diagnoses between the local and reference pathologist as well as the reference and panel pathologist. The misdiagnoses are further examined for their possible impact on under-, overtreatment or incorrect treatment. Available is a data sets of 1903 for the histological comparison of local and reference pathology. The diagnoses coincided to 88.12% (n=1677). In a further comparison, the reference and panel pathologies were compared in 1159 cases. The agreement of the two pathologies is 95.94% (n=1112). The most common deviations in the histological assessment of WT by both the local (n=525) and reference pathologist (n=139) occur between the regressive subtype (local pathologist: 31.81% (n=167), reference pathologist: 23.74 % (n=33)) and the mixed subtype (local pathologist: 19.24 (n=101), reference pathologist: 18.71% (n=26)). Furthermore, the stromal subtype (local pathologist: 11.81% (n=62), reference pathologist: 12.95% (n=18)) is often misdiagnosed. Of the other childhood renal tumours, the local pathologist most frequently misdiagnoses clear cell sarcoma of the kidney (n=26), nephroblastomatosis (n=13), unclassifiable (n=4), and congenital mesoblastic nephroma (n=4). The local pathologist is often confused by the other childhood renal tumours with a mixed subtype (n=21) or a blastemal subtype after preoperative chemotherapy (n=8). If only the local pathologist had made a diagnosis regarding histology and local stage, a different diagnosis in the WT (n=595) would have no consequence on treatment in 41.01% (n=244). In 33.61% (n=200) it led to undertreatment, in 24.87% (n=148) to overtreatment. In 0.5% (n=3) of the patients, a wrong treatment is the result. In the case of the other childhood kidney tumours (n=42), the misdiagnosis by the local pathologist had no effect on treatment in 25.58% (n=11). 39.53% (n=17) patients are undertreated and 13.95% (n=6) are overtreated. A wrong therapy was given 20.93% (n=9) of patients. The stage is compared between local and reference pathology in 1821 cases. Overall agreement is 87.48% (n=1593). In local Stage I (n=1106) are 93.67% (n=1036) concurrent matches. In local Stage II (n=411) the pathologists agree in 72.26% (n=297) cases. In local Stage III (n=304) there are 85.26% (n=260) matches. When comparing the local stage between reference and panel pathology (n=1001), a correct staging is confirmed in 93.7% (n=936) patients. Local Stage I (n=609) coincide in 96.88% (n=590), local stage II (n=231) in 86.15% and local stage III (n=161) in 91.3% (n=147) of cases. In the event of a deviation, the local pathologist often downstages the tumour compared with the reference pathologist. The same applies to the reference pathologist compared to the panel pathologist. The diagnostic accuracy when using the reference pathology increases by 7.82% for histology and for local stage in 6.22%. The diagnostic accuracy is independent of age, gender, metastases at diagnosis, syndromic disease and family history. The survival time analyses according to Kaplan-Meier have shown that the overall survival and the event-free survival increases if the pathologists have consensus. There is a significant difference in the histological diagnoses between local and reference pathology for the prognosis of the patient. This underlines the reliability of the diagnosis of reference pathology. This analysis confirms that the reference pathologist makes an evident contribution to treatment optimisation. From an economic point of view, it can be stated that the use of reference pathology leads to significant savings in the healthcare system. On average, an examination by the reference pathology costs around €350 per patient. This is offset by follow-up costs for a patient due to suboptimal therapy depending on the severity in the 15,000 - 50,000 euro range. Concentrating the treatment of patients with paediatric kidney tumours in just a few hospitals could lead to additional expertise by the local pathologist. The standards established by SIOP can be linked to digitisation in pathology and promote "real-time" reference pathology. Digitalisation can be used - through the free exchange of data regardless of location - to simplify and promote international exchange between experts. In this context, is imperative that the regulation of the General Data Protection Regulation (DS-GVO) be observed, which, in addition to the rules for handling personal data such as storage and deletion, also sets a sanction framework for the competent supervisory authority in the event of violations. This serves not only the purpose of protecting the data subjects, but also self-protection in order to avoid penalties [2]. This data can be used for particularly problematic histologies and for better analyses. |
Link zu diesem Datensatz: | urn:nbn:de:bsz:291--ds-411289 hdl:20.500.11880/37873 http://dx.doi.org/10.22028/D291-41128 |
Erstgutachter: | Graf, Norbert |
Tag der mündlichen Prüfung: | 20-Nov-2023 |
Datum des Eintrags: | 17-Jun-2024 |
Fakultät: | M - Medizinische Fakultät |
Fachrichtung: | M - Pädiatrie |
Professur: | M - Prof. Dr. Norbert Graf |
Sammlung: | SciDok - Der Wissenschaftsserver der Universität des Saarlandes |
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