Bitte benutzen Sie diese Referenz, um auf diese Ressource zu verweisen: doi:10.22028/D291-41338
Titel: Ätiologie und antimikrobielle Resistenzen bei ambulant erworbenen Harnwegsinfektionen in Bagamoyo, Tansania
VerfasserIn: Schmider, Joseph Johannes
Sprache: Deutsch
Erscheinungsjahr: 2023
Erscheinungsort: Homburg/Saar
DDC-Sachgruppe: 610 Medizin, Gesundheit
Dokumenttyp: Dissertation
Abstract: Einleitung: Harnwegsinfektionen zählen zu den häufigsten ambulant erworbenen, bakteriellen Infektionskrankheiten weltweit und sind somit ein bedeutender Grund für die Verschreibung eines Antibiotikums. Als ursächlicher Erreger ist Escherichia coli aus der Familie der Enterobakterien in vielen Fällen nachweisbar. Aufgrund der Häufigkeit der Erkrankung und der potenziell lebensbedrohlichen Folgeerkrankungen wie beispielsweise der Pyelonephritis oder der Urosepsis hat diese Erkrankung einen großen Anteil an der Belastung globaler Gesundheitssysteme. In den letzten Jahrzenten stellt zudem die Zunahme der bakteriellen Resistenzen gegenüber gängigen Antibiotika eine immer größer werdende Herausforderung in der Therapie von Infektionskrankheiten dar. Hierbei ist von großer Relevanz, dass gerade in Ländern des Globalen Südens mit einem fragileren Gesundheitssystem, wie beispielsweise auch Tansania, die Diagnosemöglichkeiten bei Harnwegsinfektionen eingeschränkt sind, und der direkte Erregernachweis mittels Urinkultur oft nicht realisierbar ist. Dadurch ist eine zielgerichtete, adäquate antibiotische Therapie kaum zu gewährleisten, wodurch die klinische Heilungsrate geschmälert und die Resistenzbildung bei uropathogenen Bakterien begünstigt wird. Das Ziel dieser Arbeit war es, zunächst das Erregerspektrum von ambulant erworbenen Harnwegsinfektionen im Bezirk Bagamoyo in Tansania zu identifizieren. Des Weiteren wurde das Resistenzprofil der im ersten Schritt isolierten uropathogenen Bakterien bestimmt, um folgend Aussagen über die Effektivität der gängigen antibiotischen Erstlinientherapie vor Ort treffen zu können und gegebenenfalls alternative Behandlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Zuletzt wurden die Ergebnisse der in Bagamoyo angewandten mikrobiologischen Verfahren in Deutschland durch erneute Untersuchung überprüft, um die Validität der Testverfahren in Bagamoyo zu überprüfen. Methoden: Insgesamt wurden im Zeitraum von 16. Oktober bis 4. Dezember 2019 Urinproben von 270 ambulanten Patienten gesammelt, welche wegen harnwegstypischer Beschwerden im Bagamoyo District Hospital in Tansania behandelt wurden. Die dabei isolierten uropathogenen Erreger wurden mittels Urinkultur klassifiziert und mit Hilfe der Agar- Diffusionsmethode auf Resistenzen gegenüber bestimmten Antibiotika getestet. Die Ergebnisse der Untersuchungen wurden direkt mit den behandelnden Ärzten vor Ort besprochen, um eine direkte und zielgerichtete antibiotische Therapie zu ermöglichen. Sämtliche uropathogene Erreger wurden in Tansania eingefroren und nach Homburg in Deutschland transportiert, wo von Februar 2021 bis Mai 2021 standardisierte Laboruntersuchungen zur Überprüfung der zuvor in Tansania getesteten Ergebnisse durchgeführt wurden. Hierbei wurde mittels MALDI-TOF Massenspektrometrie die exakte bakterielle Spezies der einzelnen Pathogene bestimmt. Zudem wurden die nachgewiesenen Erreger einer semiautomatisierten Resistenztestung mittels Mikrodilution (Microscan WalkAway) zugeführt, und die Resultate der unterschiedlichen Untersuchungsergebnisse aus beiden Ländern wurden miteinander verglichen. Ergebnisse: Unter den insgesamt 270 Studienteilnehmern zeigte sich eine Geschlechterverteilung von 220 weiblichen und 50 männlichen Probanden, wobei bei insgesamt 104 Probanden uropathogene Bakterien in der Urinkultur nachweisbar waren. Das durchschnittliche Alter der Teilnehmer war 33,8 Jahre mit einer Altersspanne zwischen 2 und 78 Jahren. Die folgenden uropathogenen Bakterien waren in den Urinkulturen am häufigsten nachzuweisen: Escherichia coli (23%), Klebsiella spp. (7%) und Enterobacter spp. (3%). Grampositive Erreger waren mit Staphylococcus aureus (2%) und Staphylococcus saprophyticus (1%) nur von geringerer Bedeutung. Die in Deutschland überprüften Resistenztestungen ergaben bei den gramnegativen Bakterien, die 90% der uropathogenen Erreger ausmachten, sehr hohe Resistenzraten gegenüber Ampicillin (80%), Piperacillin (70%), Ticarcillin (70%) sowie Cotrimoxazol (57%). Erhöhte Resistenzen zeigten sich gegenüber Amoxicillin/Clavulansäure (29%), Mecillinam (32%), Ciprofloxacin (24%) oder Cephalosporinen wie Cefuroxim (32%) und Cefotaxim (18%). Hingegen waren Resistenzen gegen Fosfomycin (10%) und Colistin (10%), Piperacillin/Tazobactam (3%), Amikacin (3%) oder den Carbapenemen Meropenem (0%) und Imipenem (0%) sehr selten bis nicht vorhanden. Es wurde kein Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA) gefunden. Sowohl die Erregeridentifizierung als auch die Resistenzbestimmung im mikrobiologischen Labor in Tansania zeigte bei den meisten Bakterien eine hohe Übereinstimmungsrate mit den Ergebnissen der standardisierten Kontrolluntersuchungen in Deutschland. Diskussion: E. coli ist auch im tansanischen Bagamoyo der häufigste Erreger ambulant erworbener Harnwegsinfektionen. Die Ergebnisse der Resistenzbestimmungen weisen darauf hin, dass in Tansania die bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen derzeit empfohlene Antibiotikatherapie mit Amoxicillin/Clavulansäure oder Ciprofloxacin kritisch hinterfragt werden muss, wobei gerade Ciprofloxacin mit einer Resistenzrate von 37% bei E.coli-Bakterien kein geeignetes Erstlinienantibiotikum darstellt. Eine mit den Ergebnissen dieser Arbeit vereinbare Therapieoption bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen ist beispielsweise das Antibiotikum Fosfomycin. Die restlichen getesteten hochwirksamen Antibiotika gehören weitestgehend zu den Reserveantibiotika und sollten nicht routinemäßig zur Behandlung von Harnwegsinfektionen eingesetzt werden.
Etiology and antimicrobial resistance in community-acquired urinary tract infections in Bagamoyo, Tanzania. Introduction: Urinary tract infections are among the most common community-acquired bacterial infectious diseases worldwide. Therefore, they are a significant reason for prescribing antibiotics. Escherichia coli from the family of the enterobacteria is detectable as a causative pathogen in many cases. Due to the frequency of the disease and the potentially lifethreatening secondary complications such as pyelonephritis or urosepsis, this disease has a large share in the burden on global healthcare systems. In recent decades, the increase in bacterial resistance to common antibiotics has also posed a growing challenge in the treatment of infectious diseases. In this context, it is especially relevant that in countries of the Global South with a fragile health care system, such as Tanzania, the diagnostic possibilities for urinary tract infections are limited. Direct pathogen detection by means of urine culture is often not feasible. As a result, targeted, adequate antibiotic therapy can hardly be guaranteed. This reduces the clinical cure rate and favors the development of resistance in uropathogenic bacteria. The aim of this work was to first identify the pathogen spectrum of community-acquired urinary tract infections in the Bagamoyo district in Tanzania. Secondly, the resistance profile of the uropathogenic bacteria isolated in the first step was determined in order to reach substantive findings as regards the effectiveness of the current antibiotic first-line therapy on site and, if necessary, to show alternative treatment options. Finally, the results of the microbiological methods used in Bagamoyo were verified by re-examination in Germany to check the validity of the test methods in Bagamoyo. Methods: A total of 270 urine samples were collected from outpatients treated for urinary tract infection symptoms at the Bagamoyo District Hospital in Tanzania between October 16th and December 4th, 2019. The uropathogenic pathogens isolated during this process were classified by urine culture and tested for resistance to specific antibiotics using the agar diffusion method. The results of the tests were discussed with the treating physicians on site to ensure a direct and targeted antibiotic therapy. All uropathogenic pathogens were frozen in Tanzania and transported to Homburg in Germany, where standardized laboratory tests were performed from February 2021 to May 2021 to verify the results previously tested in Tanzania. Here MALDI-TOF mass spectrometry was used to determine the exact bacterial species of each pathogen. In addition, the detected pathogens were subjected to semi-automated resistance testing using microdilution (Microscan WalkAway). The results of the different test results from both countries were then compared Results: Among the 270 study participants, there was a gender distribution of 220 female and 50 male subjects, with a total of 104 subjects having uropathogenic bacteria detectable in their urine culture. The mean age of the participants was 33.8 years with an age range of 2 to 78 years. The following uropathogenic bacteria were most commonly detectable in the urine cultures: Escherichia coli (23%), Klebsiella spp. (7%), and Enterobacter spp. (3%). Grampositive pathogens were only of minor relevance with Staphylococcus aureus (2%) and Staphylococcus saprophyticus (1%). The resistance tests reviewed in Germany showed very high resistance to ampicillin (80%), piperacillin (70%), ticarcillin (70%), and cotrimoxazole (57%) among Gram-negative bacteria, which accounted for 90% of the uropathogenic pathogens. Increased resistance was seen to amoxicillin/clavulanic acid (29%), mecillinam (32%), ciprofloxacin (24%), or cephalosporins such as cefuroxime (32%) and cefotaxime (18%). In contrast, resistance to fosfomycin (10%) and colistin (10%), piperacillin/tazobactam (3%), amikacin (3%), or the carbapenems meropenem (0%) and imipenem (0%) was very rare to absent. Neither was a methicillinresistant Staphylococcus aureus (MRSA) found. Both, pathogen identification and resistance determination in the microbiological laboratory in Tanzania showed a high rate of consistency with the results of the standardized control tests in Germany for most bacteria. Discussion: E. coli is the most common pathogen of community-acquired urinary tract infections in Bagamoyo, Tanzania. The results of the resistance determinations indicate that in Tanzania the antibiotic therapy with amoxicillin/clavulanic acid or ciprofloxacin currently recommended for uncomplicated urinary tract infections must be critically questioned. Many antibiotics tested in this study are highly ineffective due to the bacteria’s high resistance against them. In particular ciprofloxacin with a resistance rate of 37% in Escherichia coli is not a suitable first-line antibiotic. Compatible with the results of this study a therapeutic option for uncomplicated urinary tract infections is, for example, the antibiotic fosfomycin. The remaining highly effective antibiotics tested belong largely to the reserve antibiotics and should not be used routinely for the treatment of urinary tract infections.
Link zu diesem Datensatz: urn:nbn:de:bsz:291--ds-413384
hdl:20.500.11880/37091
http://dx.doi.org/10.22028/D291-41338
Erstgutachter: Becker, Sören
Tag der mündlichen Prüfung: 18-Dez-2023
Datum des Eintrags: 8-Jan-2024
Fakultät: M - Medizinische Fakultät
Fachrichtung: M - Infektionsmedizin
Professur: M - Prof. Dr. Sören Becker
Sammlung:SciDok - Der Wissenschaftsserver der Universität des Saarlandes

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