Bitte benutzen Sie diese Referenz, um auf diese Ressource zu verweisen: doi:10.22028/D291-36101
Titel: Zum Einfluss von Implantatzahl, Implantatposition und Attachment- System auf das biomechanische Verhalten von Totalprothesen im Unterkiefer
VerfasserIn: Kafitz, Lea Katharina
Sprache: Deutsch
Erscheinungsjahr: 2022
Erscheinungsort: Homburg/Saar
DDC-Sachgruppe: 500 Naturwissenschaften
610 Medizin, Gesundheit
Dokumenttyp: Dissertation
Abstract: Einleitung: Zur prothetischen Versorgung des zahnlosen Kiefers stehen verschiedene Behandlungskonzepte zur Verfügung. Mit einer Totalprothese lassen sich durchaus zufriedenstellende Ergebnisse erzielen, wenn der Alveolarfortsatz noch eine gewisse Kontur aufweist. Bei starker Atrophie ist jedoch eine stabile Lage der Unterkieferprothese schwer zu erzielen. Nach Erstbeschreibung der Osseointegration und Einführung zahnärztlicher Implantate wurde in den 1970er Jahren auch damit begonnen, diese zur Stabilisierung von Totalprothesen zu verwenden. Sie werden in den interforaminalen Bereich des Unterkiefers gesetzt und mithilfe von Verbindungselementen (Attachments) mit der Prothese verbunden. Hierfür verwendet man den Locator, den Kugelanker und die verschiedenen Teleskoparten. Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, die Auswirkungen von Implantatzahl, Implantatposition und Attachmentsystem auf die biomechanische Belastungssituation zu analysieren. Material und Methode: Als Basis für die Untersuchung diente ein Unterkiefer-Modell mit drei interforaminalen Implantaten und seitlich oder mesial und distal positionierten Dehnungsmessstreifen (DMS). Im Bereich des posterioren Prothesenlagers erfolgte die Aufzeichnung der Belastung mittels Extensometer. Passend zu den Modellsituationen mit den verschiedenen Implantatanordnungen wurden vier Prothesen angefertigt, in welche man die Attachmentsysteme Locator, Kugelanker, Zylinderteleskop und Resilienzteleskop einarbeitete. Bei den nachfolgenden Messungen wurden folgende Implantatanordnungen untersucht: 1) mittleres Implantat, 2) Implantat in regio 33 und 3) beide Implantate in regio 33 und 43. Die Implantate wurden dabei mit den vier verschiedenen Attachments versehen und in Funktion gebracht. Die Belastung erfolgte mit einer einwirkenden Kraft von 100 Newton a) beidseits im Kauzentrum, b) in regio 33, c) in regio 43 und d) im Bereich der mittleren unteren Schneidezähne. Ergebnisse: Bei Modellsituation 1) mit einem interforaminal mittig platziertem Implantat ergaben sich bei Belastung zentral im Kauzentrum für den Locator DMS-Werte von 10 µm/m und 110 µm/m. Die periimplantären Werte der Kugel-Attachments waren signifikant niedriger als beim Zylinder- oder Resilienzteleskop (p=0,00). Wurde das interforaminal singuläre Implantat an regio 33 belastet, so lieferte der rechtsseitige DMS für das Zylinderteleskop Werte um 345 µm/m und für den Locator 180 µm/m. Bei der gegenüberliegenden Belastung in regio 43 ergab das Zylinderteleskop linksseitig den höchsten Werte mit 290 µm/m und rechts 160 µm/m. Hier führte die Nutzung der Zylinderteleskope zu signifikant höheren Werten als bei den Locatoren (p=0,001). Bei Belastung im Bereich der Unterkiefer-Incisivi führte das Resilienzteleskop mit 290 µm/m am rechten DMS zum höchsten Wert. Bei Modellsituation 2) mit Verwendung eines Implantates regio 33 ergaben sich bei Belastung in der Mitte des Kauzentrums die höchsten Werte für das Resilienzteleskop mit 160 µm/m am mesialen DMS. Distal erzielten alle Attachments weit höhere Dehnungswerte mit bis zu 740 µm/m beim Locator. Wurde in regio 33 belastet, waren die Werte des Resilienzteleskopes am distalen DMS mit 540 µm/m die höchsten. Belastungen in regio 43 führten am mesialen DMS zu hohen Werten, die für das Zylinderteleskop 1130 µm/m aufwiesen und für den Locator 490 µm/m. Inzisale Belastungen mittig im Unterkiefer ergaben mesiale DMS-Werte zwischen 1140 µm/m für das Zylinderteleskop und 440 µm/m für den Locator. Bei Modellsituation 3) und Verwendung von zwei Implantaten in regio 33 und 43 führte die zentrale Molarenbelastung beim Locator zu den höchsten Werten mit 750 µm/m distal am linken Implantat; mesial lag der Wert etwas unter 200 µm/m. Der Kugelanker erzielte links am distalen DMS Werte um 420 µm/m. Bei Belastung in regio 33 waren die gemessenen Belastungen für die Locatoren und Zylinderteleskope signifikant niedriger als bei den Resilienzteleskopen. Belastung in regio 43 führte bei der Nutzung der Resilienzteleskope zu signifikant höheren periimplantären Werten im Vergleich zu den Locatoren (p=0,011) und den Zylinderteleskopen (p=0,019). Bei Belastung an den Inzisiven führten die Resilienzteleskope im Vergleich zu den Locatoren zu signifikant höherer periimplantärer Belastung (p=0,015). Diskussion: Bei der Modellsituation mit zwei Implantaten wies das Einsinken der Prothesen geringe konstante Werte auf. Diese Versorgungsform wird in der Literatur auch aufgrund der hinreichend bekannten Prothesenkinematik als Standardversorgung betrachtet. Die Verwendung zweier Implantate weist keinen signifikanten Unterschied zur Verwendung eines singulären Implantates auf. Jedoch führen die unterschiedlichen Belastungspositionen bei letzterem zu inkonstanteren Werten, was zeigt, dass die Krafteinwirkung eine höhere Relevanz für die Prothesenkinematik zu haben scheint. Bei Insertion eines singulären Implantates in der Eckzahnregion ergaben die Untersuchungen inhomogene Werte, was mit den dabei entstehenden ungünstigeren Hebelarmen zusammenhängen dürfte. Ein ideales Attachmentsystem sollte die Prothese ausreichend stabilisieren sowie periimplantäre Belastungsspitzen vermeiden. Dabei führt eine starre Abstützung der Prothese zu geringerer Knochenresorption im Bereich des Kauzentrums, erhöht aber die auftretenden Spannungen am Implantat. Eine bewegliche Abstützung hingegen reduziert die Implantatbelastung, verstärkt allerdings die am Lager auftretende Kraft. Im Einzelnen konnte gezeigt werden, dass jedes Attachmentsystem Belastungsspitzen an die Dehnungsmessstreifen weiterleitete, was insbesondere für die Verwendung von Teleskopkronen galt, die eine deutliche Dispersität der Messwerte aufwiesen. Kugelanker und Locatoren besitzen im Vergleich dazu mehr Freiheitsgrade, was zu einer geringeren Knochenbelastung führt. Belastungen in der Molarenregion führten bei jeder Modellsituation und bei jedem Attachmentsystem zu einem stärkeren Einsinken der Prothese im Bereich des Kauzentrums als anteriore Belastungen an den Inzisiven. Die Belastung im Bereich der Inzisiven hingegen rief höhere Implantatbelastungen hervor. Die vorliegende Untersuchung lässt die Schlussfolgerung zu, dass die Versorgung mit einem oder zwei interforaminalen Implantaten zielführend sein kann. Wenn die Gegebenheiten aber nur ein Implantat zulassen, sollte dieses interforaminal mittig positioniert werden.
Introduction: Various treatment concepts are available for the prosthetic restoration of the edentulous jaw. With a complete denture, satisfactory results can be achieved if the alveolar process still has a certain contour. In cases of severe atrophy, however, a secure mandibular prosthesis stabilization is difficult to achieve. After the initial specification of osseointegration and the introduction of dental implants, in the 1970s implants also were used to stabilize complete dentures. They are placed in the interforaminal area of the mandible and connected to the denture using prosthetic attachments. Locator, ball anchor and types of telescopes are used for this purpose. The aim of the present study was to analyze the effects of implant number, implant position and attachment system on the biomechanical loading situation. Material and method: The study was based on a mandibular model with three interforaminal implants and strain gauges positioned laterally or mesially and distally of the implants. In the area of the posterior denture bearing area, the prosthesis displacement caused by the load was recorded using extensometers. Four prostheses were fabricated to match the implant arrangements (model situations), into which the Locator, ball anchor, cylindrical telescope and resilience telescope attachment systems were incorporated. The following implant arrangements were examined in the subsequent measurements: 1) central interforaminal implant, 2) implant in region 33 and 3) implants in regions 33 and 43. The implants were fitted with the four different attachments and put into function. The load was applied using a force of 100 N a) on both sides in the masticatory center, b) in region 33, c) in region 43 and d) in the region of the central mandibular incisors. Results: In model situation 1) with an interforaminal centrally placed implant, loading in the masticatory center resulted in values of 10 μm/m and 110 μm/m for the locator strain gauges. The peri-implant values of the ball anchor were significantly lower than for the cylindrical or resilience telescopes (p=0.00). When the interforaminal singular implant was loaded at regio 33, the right-sided strain gauge provided values around 345 μm/m for the cylindrical telescope and 180 μm/m for the locator. For the opposite loading at regio 43, the cylindrical telescope gave the highest values of 290 μm/m on the left side and 160 μm/m on the right side. Here, the use of the cylindrical telescopes resulted in significantly higher values than for the locators (p=0.001). When loading in the region of the mandibular incisors, the resilience telescope resulted in the highest value of 290 μm/m on the right strain gauge. In model situation 2) with the use of an implant regio 33, the highest values for the resilience telescope with 160 μm/m at the mesial strain gauge were obtained with loading in the middle of the masticatory center. Distally, all attachments achieved much higher strain values with up to 740 μm/m at the locator. When loading was applied in region 33, the values of the resilience telescope at the distal strain gage were the highest at 540 μm/m. Loads in regio 43 resulted in high values at the mesial strain gauge, which showed 1130 μm/m for the cylindrical telescope and 490 μm/m for the locator. Incisal loads centered in the mandible resulted in mesial strain gauge values between 1140 μm/m for the cylindrical telescope and 440 μm/m for the locator. In model situation 3) and using two implants in region 33 and 43, the central molar load on the locator resulted in the highest values of 750 μm/m distally on the left implant; mesially, the value was slightly less than 200 μm/m. The ball anchor achieved values around 420 μm/m on the left distal strain gauge. With loading in region 33, the measured loads for the locators and cylindrical telescopes were significantly lower than for the resilience telescopes. Loading at regio 43 resulted in significantly higher peri-implant values when using the resilience telescopes compared to the locators (p=0.011) and cylindrical telescopes (p=0.019). When loaded at the incisors, the resilience telescopes resulted in significantly higher peri-implant loading compared to the locators (p=0.015). Discussion: In the model situation with two implants, prosthesis displacement in the bearing area exhibited low constant values. In the literature, this type of restoration is considered standard, also due to the sufficiently known prosthesis kinematics. The use of two implants does not show any significant difference compared to the use of a single implant. However, the different loading positions lead to more inconstant values for the latter, which shows that the force application seems to have a higher relevance for the prosthesis kinematics. When a singular implant was placed in the canine region, the investigations showed inhomogeneous values, which is probably related to the more unfavorable lever arms that result. An ideal attachment system should sufficiently stabilize the prosthesis and avoid peri-implant stress peaks. Rigid support of the prosthesis leads to less bone resorption in the area of the masticatory center but increases the stresses occurring at the implant. A flexible support, on the other hand, reduces the implant load, but increases the force occurring at the prosthesis bearing area. Specifically, it was shown that each attachment system transmitted stress peaks to the strain gauges, which was particularly true for the use of telescopic crowns, which exhibited significant dispersity of the measured values. Ball anchors and locators, in comparison, have more degrees of freedom, resulting in lower bone loading. Loading in the molar region resulted in greater denture displacement in the masticatory area than anterior loading at the incisors in every model situation and with each attachment system. In contrast, loading in the incisor region evoked higher implant stresses. The present study allows the conclusion that the restoration with one or two interforaminal implants can be target-oriented. However, if the conditions permit only one implant, it should be positioned centrally in the interforaminal area.
Link zu diesem Datensatz: urn:nbn:de:bsz:291--ds-361014
hdl:20.500.11880/32909
http://dx.doi.org/10.22028/D291-36101
Erstgutachter: Karl, Matthias
Tag der mündlichen Prüfung: 3-Mai-2022
Datum des Eintrags: 12-Mai-2022
Fakultät: M - Medizinische Fakultät
Fachrichtung: M - Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde
Professur: M - Prof. Dr. Matthias Karl
Sammlung:SciDok - Der Wissenschaftsserver der Universität des Saarlandes

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