Bitte benutzen Sie diese Referenz, um auf diese Ressource zu verweisen: doi:10.22028/D291-35923
Titel: Augapfeltätowierungen oder „eyeball tattoos“. Ein neuer extremer Trend der Körpermodifikation
Alternativtitel: Eyeball tattoos. A new extreme trend in body modification
VerfasserIn: Ramsthaler, F.
Trouvain, A.
Birngruber, C. G.
Kettner, M.
Heinbuch, S.
Sprache: 
Titel: Rechtsmedizin
Verlag/Plattform: Springer Nature
Erscheinungsjahr: 2022
Freie Schlagwörter: „Body modification“
Komplikation
Augapfeltätowierung
Ophthalmologie
Körperverletzung
Body modification
Complications
Eyeball tattooing
Ophthalmology
Bodily injury
DDC-Sachgruppe: 610 Medizin, Gesundheit
Dokumenttyp: Journalartikel / Zeitschriftenartikel
Abstract: Einführung Augapfeltätowierungen („eyeball tattoos“, syn. episklerale Tätowierungen) sind ein neuer Trend extremer „body modification“, bei dem mit einer Nadel Tätowierfarbe unter die Bindehaut injiziert wird und zu einer irreversiblen Färbung der Sklera führt. In der medizinischen Fachliteratur werden vermehrt Fallberichte vorgestellt, bei denen teils schwerwiegende Komplikationen aufgetreten sind. Material und Methoden Neben einer aktuellen Literaturreche zum Thema wurde eine Anfrage an 120 zufällig ausgewählte Tattoo-Studios in 6 europäischen Ländern gerichtet, ob sie Eyeball-Tätowierungen anbieten. Die Kommunikation wurde bei den Studios, die diese Frage positiv beantworteten, gezielt vertieft. Ziel war es, einen Eindruck zu Angebot und Nachfrage, der Aufklärung über Risiken, Häufigkeit und Art beobachteter Komplikationen, den Vorerfahrungen und ggf. zur medizinischen Ausbildung der Tätowierenden sowie zum organisatorischen und zum technischen Ablauf der eigentlichen Prozedur der episkleralen Tätowierung im jeweiligen Studio zu gewinnen. Auf Tattoo Conventions und über Foren in sozialen Medien wurden 6 Personen mit max. 7 Jahre alten Eyeball tattoos ausführlich zu ihren Erfahrungen vor, während und nach der Augapfeltätowierung befragt. Resultate Neun Studios teilten mit, Augapfeltätowierungen anzubieten bzw. durch Gasttätowierer organisieren zu können. Die restlichen 49 Studios lehnten diese Prozedur ab. Insgesamt 4 Studios schätzten die Häufigkeit der Prozedur auf 10- bis 20-mal/Jahr; die restlichen Studios gaben an, lediglich sporadische Anfragen zu erhalten. Durch ein Studio wurde der Fall einer schweren Komplikation in Form einer persistierenden anhaltenden Infektion mit initial reduziertem, später gebessertem Visus berichtet. Ein Tätowierer gab an, in ca. jedem 20. Fall Pigmentwanderungen in die periorbitalen Gewebe zu beobachten. Postprozedural wurden bis zu 2 Wochen andauernde Kopfschmerzen, anhaltendes Fremdkörpergefühl und Lichtempfindlichkeit beschrieben. Keine der interviewten Personen mit Eyeball tattoos habe eine bleibende Visusminderung bemerkt, eine beklagte Lichtscheu, eine weitere negative soziale Folgen. Ablehnungserfahrungen seien jedoch seltener als Zuspruch. Schlussfolgerung Episklerale Tätowierungen sind noch selten, nehmen aber stetig zu. Sie werden von Personen durchgeführt, die keine hinreichende medizinische Ausbildung besitzen und eintretende Komplikationen nicht ausreichend einschätzen können. Die im Interview berichtete Seltenheit schwerwiegender Komplikationen kontrastiert mit der Darstellung desaströser Folgen in den sozialen Medien, deren breite Präsenz jedoch auf redundanten Darstellungen einzelner Fälle beruhen kann. Andererseits sind die Angaben der Befürworter zu hinterfragen, weil sie womöglich aus geschäftlichen Überlegungen heraus oder aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen Problemfälle unterschlagen oder deren Verläufe beschönigen. Die Diskussion, ob solche risikoreichen irreversiblen Body modifications verboten werden sollten, muss von anderer Stelle geführt werden.
Introduction Eyeball tattoos (aka episcleral tattooing) are a new trend of extreme body modification, in which tattoo ink is injected under the conjunctiva with a needle and leads to an irreversible coloring of the sclera. Increasing numbers of case reports are presented in the medical literature, where in some cases severe complications have occurred. Material and method In addition to a current literature search on the topic, a query was sent out to 120 randomly selected tattoo studios in 6 European countries asking if they carry out eyeball tattooing. The communication was examined in more detail for those studios that answered this question positively. The aim was to obtain an impression of the supply and demand, the clarification of the risks, frequency and type of complications observed, the previous experience and possibly medical training of the tattooist. They were also questioned on the organizational and technical aspects of the actual procedure of episcleral tattooing in each studio. At tattoo conventions and via forums in social media 6 persons with a maximum of 7‑year-old eyeball tattoos were extensively questioned about their experiences before, during and after the eyeball tattooing. Results Of the studios nine replied that they could provide eyeball tattooing or that they could organize a guest tattooist. The remaining 49 studios did not carry out this procedure. A total of 4 studios estimated the frequency of the procedure to be 10–20 times per year and the remaining studios had only received sporadic enquiries. Of the studios one reported a case of a severe complication in the form of a persisting continuous infection with initially reduced but later improved visual acuity. Of the tattooists 1 stated that pigment migration into the periorbital tissue was observed in approximately 1 in 20 cases. Persisting headache, continuous foreign body sensation and sensitivity to light were described up to 2 weeks after the procedure. None of the persons with eyeball tattoos interviewed had noticed a residual reduction of vision, one complained of photophobia and another of negative social consequences; however, experiences of rejection were less common than appreciation. Conclusion Episcleral tattoos are still rare but are steadily increasing. They are carried out by persons without adequate medical training who cannot sufficiently assess complications when they occur. The rarity of severe complications reported in the interviews is in contradiction to the presentation of disastrous sequelae in the social media; however, their broad presence can be based on redundant presentations of individual cases. Alternatively, the statements of the proponents could be considered questionable, as they possibly withhold problem cases or whitewash the sequelae because of commercial considerations or for fear of legal consequences. The discussion on whether such high-risk irreversible body modifications should be banned, is outside the competence of this study.
DOI der Erstveröffentlichung: 10.1007/s00194-022-00562-4
Link zu diesem Datensatz: urn:nbn:de:bsz:291--ds-359231
hdl:20.500.11880/32744
http://dx.doi.org/10.22028/D291-35923
ISSN: 1434-5196
0937-9819
Datum des Eintrags: 6-Apr-2022
Fakultät: M - Medizinische Fakultät
Fachrichtung: M - Rechtsmedizin
Professur: M - Keiner Professur zugeordnet
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