Bitte benutzen Sie diese Referenz, um auf diese Ressource zu verweisen: doi:10.22028/D291-35737
Titel: Langzeit-Auswirkungen von großen, nicht-kardiochirurgischen Eingriffen auf die kognitive Funktion bei älteren Patienten: Ergebnisse der „International Study of Postoperative Cognitive Dysfunction” (ISPOCD 1)
VerfasserIn: Warmann, John St. George
Sprache: Deutsch
Erscheinungsjahr: 2021
Erscheinungsort: Homburg/Saar
Kontrollierte Schlagwörter: surgery
Freie Schlagwörter: Postoperative cognitive dysfunction
clinical study
ISPOCD
surgery
DDC-Sachgruppe: 500 Naturwissenschaften
610 Medizin, Gesundheit
Dokumenttyp: Dissertation
Abstract: Disorders of cognitive performance following surgical interventions (postoperative cognitive dysfunction, POCD) constitute a frequent clinical problem. However, establishing the diagnosis of POCD in clinical routine is challenging. In addition, the precipitating factors and associated long-term implications of this diagnosis are unclear. The present study investigated within the multinational ISPOCD1 study (`The International Study of Postoperative Cognitive Dysfunction´) in patients older than 60 years, whether long-term deterioration (defined as 3 months after surgery) of cognitive function is observed after major non-cardiac surgery (e.g., abdominal and orthopedic surgery). In particular, the role of age and perioperative influencing factors (e.g., hypoxemia and hypotension) as potentially activating causes was emphasized. In total, 1218 patients were investigated at 13 sites in 8 countries using a neuropsychological test battery specifically designed for this study. Testing was performed shortly before surgery, and one week and three months after surgery. As a control group served healthy subjects, recruited at each study center, in whom the identical test battery was also performed (total =321). Three months after surgery, significant impairment of cognitive performance was found in 94 patients (9.9%, 95% confidence interval 8.1–12.0%). An association was found between POCD and the outcome score of activities of daily living (ADL): patients with impairments in ADL at the time of the second postoperative testing were significantly more likely to have deterioration in cognitive function. In contrast, patient self-assessed performance was not associated with objectively diagnosed POCD. Further, the extent of depressed mood did not correlate with deterioration of cognitive function. From the extensive list of possible influencing factors recorded in ISPOCD1, only patient age proved to be a highly significant and independent risk factor for the occurrence of POCD. In addition, a small effect (i.e., less POCD) was found in the group of patients, in whom pre-existing benzodiazepine use had been discontinued before the 3-month test. In the group of patients in whom pre-existing benzodiazepine use was continued, there was no difference compared to the rest of the study sample. In the group of oatients with newly initiated benzodiazepine therapy, the incidence of POCD was significantly higher (19%). For all other factors, that predicted the occurrence of POCD 7 days after surgery, no association was detectable in the longer term follow-up. These included: type and duration of anesthesia, intraoperative or perioperative hypotension, hypovolemia, educational status, infections, necessary second operations, and respiratory complications. Significantly, in more than half of all patients showing cognitive impairment three months after surgery, this had not been evident at the time of testing 7 days after surgery. This finding underscores the highly dynamic nature inherent in postoperative cognitive function. In conclusion, this work demonstrated that long-term impairment of cognitive performance is common in elderly patients after major non-cardiac surgery. The notion that certain perioperative factors, particularly the type of anesthetic procedure and the type of surgical procedure, are associated with increased incidence of POCD three months postoperatively was refuted. Specific modifiable causes were not found, so that a multifactorial origin must be assumed. Long-term administration of benzodiazepines should be avoided in elderly patients, if possible. Knowledge of the frequency of long-term POCD and the sometimes drastic effects on the patient's further life should play a role in the indication for surgical intervention, as it is important for the comprehensive information of the patient about the risks associated with the intervention. POCD represents only one, albeit relevant aspect of the care of geriatric patients. Structured cooperation between the outpatient and inpatient sectors by personnel attuned to the special needs of geriatric patients is the key to optimal care for this population group, which continues to grow in numbers.
Störungen der kognitiven Leistungsfähigkeit nach operativen Eingriffen (postoperative kognitive Dysfunktion, POCD) stellen ein relevantes Problem dar. Die Diagnose einer POCD im klinischen Alltag ist jedoch problematisch. Auch sind die auslösenden Faktoren und Langzeitimplikationen dieser Diagnose unklar. Die vorliegende Arbeit untersuchte innerhalb der multinationalen ISPOCD1 Studie („The International Study of Postoperative Cognitive Dysfunction“) an Patienten, die älter als 60 Jahre waren, ob nach großen nicht-kardiochirurgischen Eingriffen (u.a. abdominale und orthopädische Operationen) eine langfristige Verschlechterung (definiert als 3 Monate nach dem operativen Eingriff) der kognitiven Funktion zu beobachten ist und welche perioperativen Faktoren Einfluss haben. Insgesamt wurden an 13 Standorten in 8 Ländern 1218 Patienten mit einer eigens für diese Studie konzipierten, neuropsychologischen Testbatterie untersucht. Testzeitpunkte waren kurz vor der Operation sowie eine Woche und drei Monate danach. Als Kontrollgruppe wurden die Tests in jedem Studienzentrum auch an gesunden Probanden durchgeführt (insgesamt n=321). Drei Monate nach der Operation konnte eine signifikante Beeinträchtigung der kognitiven Leistungsfähigkeit bei 94 Patienten (9,9%; 95% Konfidenzintervall 8,1–12,0%) festgestellt werden. Es fand sich ein Zusammenhang zwischen POCD und dem Ergebniswert der Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL): Patienten mit Beeinträchtigungen in den ADL zum Zeitpunkt der zweiten postoperativen Testung hatten signifikant häufiger auch eine Verschlechterung in der kognitiven Funktion. Dagegen war die vom Patienten selbst eingeschätzte Leistungsfähigkeit nicht mit objektiver POCD assoziiert. Auch korrelierte das Ausmaß einer depressiven Verstimmung nicht mit einer Verschlechterung der kognitiven Funktion. Aus der langen Liste möglicher Einflussfaktoren, die in ISPOCD1 erfasst wurden, erwies sich lediglich das Patientenalter als hochsignifikanter und unabhängiger Risikofaktor für das Auftreten einer POCD. Daneben fand sich ein geringer Effekt (i. S. von weniger POCD) in der Patientengruppe, bei der eine vorbestehende Benzodiazepin-Einnahme vor dem 3-Monats-Test beendet worden war. In der Gruppe der Patienten, bei der die vorbestehende Benzodiazepin-Einnahme fortgeführt wurde, bestand kein Unterschied zum übrigen Kollektiv. In der Gruppe der Patienten mit neu begonnener Benzodiazepin-Therapie war die Häufigkeit von POCD mit 19% signifikant höher. Das lässt den Schluss zu, dass eine Gabe von Benzodiazepin bei Patienten höheren Lebensalters möglichst vermieden werden sollte. Für die übrigen Faktoren, die mit dem Auftreten einer POCD 7 Tage nach Operation verbunden waren, war im längerfristigen Verlauf kein Zusammenhang mehr nachweisbar. Keinen Zusammenhang gab es demnach mit Art und Dauer der Narkose, intra- bzw. perioperativer Hypotension, Hypovolämie, Bildungsstand, Infektionen, notwendiger Zweit-Operationen, und mit respiratorischen Komplikationen. Bedeutsam ist, dass bei mehr als der Hälfte aller Patienten, die drei Monate nach der Operation eine Einschränkung der kognitiven Leistungsfähigkeit zeigten, diese zum Testzeitpunkt 7 Tage nach der Operation noch nicht bestanden hatte. Dieser Befund unterstreicht die Dynamik, die den Veränderungen in der postoperativen kognitiven Funktion eigen ist. Zusammenfassend wurde durch die Arbeit gezeigt, dass langfristige Störungen der kognitiven Leistungsfähigkeit bei älteren Patienten nach einer großen, nichtkardiochirurgischen Operation häufig auftreten. Widerlegt wurde die Auffassung, dass bestimmte perioperative Faktoren, insbesondere die Art des Anästhesieverfahrens und die Art des operativen Eingriffs mit erhöhter POCD-Inzidenz drei Monate postoperativ verbunden sind. Konkrete beeinflussbare Ursachen wurden nicht gefunden, so dass von einem multifaktoriellen Geschehen auszugehen ist. Die Langzeit-Anwendung von Benzodiazepinen sollte bei älteren Menschen vermieden werden, sofern möglich. Das Wissen um die Häufigkeit von längerfristiger POCD und die teils einschneidenden Auswirkungen auf das weitere Leben des Patienten sollten bei der Indikationsstellung zu einem operativen Eingriff eine Rolle spielen, da sie für die umfassende Aufklärung des Patienten über die mit dem Eingriff verbundenen Risiken von Bedeutung sind. POCD steht dabei nur für einen, wenngleich relevanten Teilaspekt in der Versorgungsproblematik geriatrischer Patienten. In der strukturierten Zusammenarbeit von ambulantem und stationärem Sektor durch Personal, das sich auf die besonderen Bedürfnisse geriatrischer Patienten eingestellt hat, liegt der Schlüssel einer optimalen Versorgung dieser zahlenmäßig weiter zunehmenden Bevölkerungsgruppe.
Link zu diesem Datensatz: urn:nbn:de:bsz:291--ds-357377
hdl:20.500.11880/32671
http://dx.doi.org/10.22028/D291-35737
Erstgutachter: Biedler, Andreas
Tag der mündlichen Prüfung: 3-Mär-2022
Datum des Eintrags: 29-Mär-2022
Fakultät: M - Medizinische Fakultät
Fachrichtung: M - Anästhesiologie
Professur: M - Prof. Dr. Thomas Volk
Sammlung:SciDok - Der Wissenschaftsserver der Universität des Saarlandes

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