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doi:10.22028/D291-33958
Titel: | Anatomische und behaviorale Assoziation neuropsychologischer Phänomene nach rechtshemisphärischem Schlaganfall |
VerfasserIn: | Cuvenhaus, Hannah Sophie |
Sprache: | Deutsch |
Erscheinungsjahr: | 2021 |
Kontrollierte Schlagwörter: | Schlaganfall Neuropsychologie Neglect |
Freie Schlagwörter: | pusher VLBM subjektive Vertikale Anosognosie der Hemiparese |
DDC-Sachgruppe: | 150 Psychologie |
Dokumenttyp: | Dissertation |
Abstract: | Diese Arbeit leistet einen Beitrag zum Verständnis der anatomischen und behavioralen Assoziation neuropsychologischer Störungen nach rechtshemisphärischen Schlaganfällen. Untersucht wurden 82 Patienten innerhalb der ersten zehn Tage nach erstmaligem Schlaganfall der rechten Hemisphäre. Auf Verhaltensebene wurde jeweils das Ausmaß eines visuellen Neglects (VN), einer Abweichung der subjektiven Vertikalen (SV) in der visuellen (SVV) und der haptischen (SHV) Modalität, einer Pusher-Symptomatik (PS) sowie einer Anosognosie der Hemiparese (AHP) erhoben. Zudem wurden die Hirnläsionen der 82 Patienten mittels cranialer Magnetresonanztomografie (cMRT) abgebildet. Unter Anwendung der Voxelwise-lesion-behavior mapping-Methode (VLBM) wurden die Läsionslokalisationen identifiziert, die jeweils signifikant mit dem Auftreten der einzelnen neuropsychologischen Störungen assoziiert sind. Bei starken signifikanten Korrelationen der neuropsychologischen Störungen auf Verhaltensebene wurde analysiert, ob Überschneidungen der mit den einzelnen Störungen assoziierten Läsionen vorlagen. Auf Verhaltensebene konnte gezeigt werden, dass ein VN, Abweichungen der SVV und der SHV, eine PS sowie eine AHP häufige Folgen rechtsseitiger Schlaganfälle darstellen. Abweichungen der SVV und SHV lagen jeweils bei 40%, bzw. 39% der Patienten vor, ein VN bei 37% der Patienten, eine PS bei 31% und eine AHP bei 16%. Die starke positive Korrelation zwischen der SVV und der SHV zeigen, dass beide Modalitäten hinsichtlich des Ausmaßes eng zusammenhängen und beide in der Regel in die gleiche Richtung abweichen. Die Zusammenhänge der SVV und der SHV mit dem Ausmaß der jeweiligen anderen Störungen erwiesen sich als nicht linear. Hier zeigte sich, dass zunehmende Abweichungen der SV nach kontra- oder ipsiläsional mit stärkeren Ausprägungen des VN, der PS und der AHP einhergingen. Patienten mit kontraversiver und Patienten mit ipsiversiver SVV- und SHV-Abweichung unterschieden sich nicht bezüglich des Ausmaß eines VN, einer PS und einer AHP, Patienten ohne Abweichungen der SV zeigten jeweils geringere Ausprägungen der anderen neuropsychologischen Auffälligkeiten. Trotz der hohen behavioralen Zusammenhänge konnten Abweichungen der SVV und der SHV, der VN und die PS jeweils dissoziiert beobachtet werden, sodass keine der Störungen kausal mit einer anderen auftrat. Lediglich die AHP konnte nicht isoliert festgestellt werden, sie ging mindestens mit zwei weiteren Störungen und immer mit einer SVV-Abweichung einher. Auf anatomischer Ebene konnten insbesondere Läsionen des insulären Kortex mit dem Auftreten der neuropsychologischen Störungen in Verbindung gebracht werden. Im Einzelnen erstreckten sich Läsionen, die mit Abweichungen der SVV assoziiert waren, über die Insel, das rolandische und das inferiore frontale Operculum sowie den Gyrus frontalis inferior (GFI). SHV-Abweichungen zeigten sich insbesondere nach Läsionen der Insel, des rolandischen Operculums, des Gyrus temporalis superior (GTS), der Heschl’schen Querwindungen, des Pallidums sowie des Fasciculus longitudinalis superior (FLS) und der Corona radiata. Läsionen der Insel, des rolandischen und des inferioren frontalen Operculums hatten zudem einen VN zur Folge. Die PS war assoziiert mit kleinen Läsionen der posterioren Insel, der Capsula externa sowie der umliegenden weißen Substanz. Die AHP zeigte sich als assoziiert mit Läsionen der Insel, des rolandischen Operculums, des GFI, des GTS, des Gyrus supramarginalis (GSM) und des Temporalpols sowie subkortikal des FLS und der Capsula externa. Große Überschneidungen konnten für Läsionen, die eine SVV und eine SHV hervorriefen, objektiviert werden. Diese lagen in der posterioren und der anterioren Insel, dem rolandischen und dem inferioren frontalen Operculum, dem GFI und dem FLS. Jeweils kleine Überlappungen der Läsionen zeigten sich für die SVV-Abweichung und die PS sowie die SHV-Abweichung und die PS jeweils posterior periinsulär. Trotz hoher Korrelation auf Verhaltensebene überschnitten sich die Läsionen nicht, die eine AHP oder eine PS hervorrufen. Gleiches galt für Läsionen, die einen VN oder eine PS zur Folge haben. Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen auf anatomischer Ebene insbesondere die Rolle der Insel und umliegender Areale im vestibulären System. Da jedoch jede der untersuchten neuropsychologischen Störungen – mit Ausnahme der AHP – dissoziiert von den jeweils anderen beobachtet wurde, ist das parallele Auftreten nach einmaligem rechtshemisphärischem Schlaganfall mit großer Wahrscheinlichkeit auf die gleichzeitige Läsion mehrerer benachbarter Hirnareale zurückzuführen. Naheliegend erscheint ein Netzwerk zur Wahrnehmung des Raums und des eigenen Körpers im Raum, das insulär und periinsulär angelegt ist. Trotz der Rolle der Insel als Integrationszentrums für somatosensorische, visuelle, akustische und vestibuläre Informationen mit großen rezeptiven Feldern, haben Schädigungen der Insel nicht zwangsläufig die genannten Verhaltensstörungen zur Folge. Somit, kann diese nicht die einzige verantwortliche Schlüsselstruktur des Netzwerks sein. Es ist davon auszugehen, dass eine gewisse Kompensation durch andere Regionen bei Ausfällen innerhalb des Netzwerks möglich ist. Diese Studie ist die erste, die sowohl behaviorale als auch anatomische Zusammenhänge zwischen verschiedenen Kombinationen der Störungsbilder SVV- und SHV-Abweichung, VN, PS und AHP hinsichtlich ihrer anatomischen Korrelate und ihres parallelen Auftretens gemeinsam betrachtet. Trotz der umfangreichen Stichprobe und Datenanalyse bleiben Fragen für weitere Forschung offen. Es bedarf weiterer Untersuchungen, um zu klären, ob Läsionen einzelner Strukturen mehrere neuropsychologische Störungen hervorrufen oder deren Koinzidenz auf die Läsion mehrerer benachbarter Hirnareale zurückzuführen ist. Auch Diaschisis kommt als zugrundeliegender Mechanismus für das gleichzeitige Auftreten mehrerer neuropsychologischer Störungen in Frage. |
Link zu diesem Datensatz: | urn:nbn:de:bsz:291--ds-339587 hdl:20.500.11880/31631 http://dx.doi.org/10.22028/D291-33958 |
Erstgutachter: | Kerkhoff, Georg |
Tag der mündlichen Prüfung: | 15-Apr-2021 |
Datum des Eintrags: | 19-Aug-2021 |
Fakultät: | HW - Fakultät für Empirische Humanwissenschaften und Wirtschaftswissenschaft |
Fachrichtung: | HW - Psychologie |
Professur: | HW - Prof. Dr. Georg Kerkhoff |
Sammlung: | SciDok - Der Wissenschaftsserver der Universität des Saarlandes |
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