Bitte benutzen Sie diese Referenz, um auf diese Ressource zu verweisen: doi:10.22028/D291-27949
Titel: Die Applikation von Probenecid in zwei Tiermodellen der Multiplen Sklerose: Positive Effekte auf Myelinisierung und Immunstatus
VerfasserIn: Becker, Philipp
Sprache: Deutsch
Erscheinungsjahr: 2017
Erscheinungsort: Homburg/Saar
Kontrollierte Schlagwörter: Multiple Sklerose
Freie Schlagwörter: Probenecid
DDC-Sachgruppe: 610 Medizin, Gesundheit
Dokumenttyp: Dissertation
Abstract: Multiple Sklerose stellt ein häufiges neurologisches Krankheitsbild dar, für das es bisher keine ursächliche Therapie gibt und dessen palliative und symptomatische Therapie oft mit einer Vielzahl an Nebenwirkungen einhergeht. Um die komplexe Pathophysiologie besser zu verstehen, werden seit Jahrzehnten verschiedene Mausmodelle der Multiplen Sklerose eingesetzt, aus deren Erforschung bereits neue Therapieoptionen hervorgegangen sind. In der vorliegenden Arbeit wurden das toxische Cuprizon-Modell und das immunologische EAE-Modell verwendet, um mögliche positive Wirkungen des Gichtmedikaments Probenecid zu untersuchen. Es sollte überprüft werden, ob Probenecid im Cuprizon-Modell eine Demyelinisierung des optischen Nervens verringert und ob eine Probenecid-Therapie im EAE-Modell den Krankheitsverlauf der Versuchstiere günstig beeinflusst. In beiden Modellen sollten Zellzahlveränderungen mit durchflusszytometrischen Messungen verschiedener Leukozyten-Populationen in Blut und Milz detektiert werden, um so mögliche Hinweise auf eine immunologische Wirkung von Probenecid zu erhalten. Es wurde jeweils eine Versuchsgruppe mit einer täglichen intraperitonealen Probenecid-Injektion behandelt. Im Cuprizon-Versuch wurden von den entnommenen optischen Nerven ultrastrukturelle Querschnittsaufnahmen erstellt, auf denen die Axon-Durchmesser und g-ratios bestimmt und mithilfe der Generalized Estimating Equation miteinander verglichen wurden. Hierbei zeigte sich ein signifikant größerer medianer Axon-Durchmesser der mit Cuprizon therapierten Versuchsgruppe im Vergleich zu den Gruppen ohne Probenecid-Therapie, was einen deutlichen Hinweis gibt, dass eine Probenecid-Therapie Demyelinisierungsvorgänge mindert. Die Ursache dieser Probenecid-Wirkung liegt möglicherweise in einer Reduktion von oxidativem Stress oder in einem IL-1β vermittelten immunologischen Mechanismus, der sich auch auf den Neuritenschaden, der als Folge der Demyelinisierung entsteht, auswirkt. Interessant ist an dieser Stelle auch, dass die Demyelinisierung im optischen Nerven generell geringer ausgeprägt war, als in anderen Hirnregionen. Nach Blut- und Milzentnahme wurden die abgezählten Leukozyten gefärbt und durchflusszytometrisch absolute und prozentuale Zellzahlen verschiedener Leukozyten-Populationen bestimmt. In diesen Messungen fiel im Cuprizon-Versuch besonders auf, dass der prozentuale Anteil der CD3+CD4+CD25+ Lymphozyten in der Standardfutter-Gruppe sowohl im Blut als auch in der Milz signifikant höher als in allen CPZ-Gruppen war, während in den anderen Zellpopulationen keine Unterschiede im Gruppenvergleich auftraten. Dass die Unterschiede fast ausschließlich in der Population der CD25+-Zellen gefunden wurden, kann die These aufkommen, dass diese Zellen im CPZ-Modell vermindert auftreten, ohne dass dies durch eine Probenecid- oder Solvent-Therapie beeinflusst wurde. Die EAE-Tiere wurden mit einer MOG-Emulsion immunisiert und anschließend täglich untersucht, um anhand eines Scores den Krankheitsverlauf zu beurteilen. Ab einem bestimmten Krankheitsstadium wurden die Tiere mit Probenecid therapiert. Hierbei konnte festgestellt werden, dass eine Probenecid-Therapie den Krankheitsverlauf günstig beeinflusst. Es wurde ein Aufhalten der Symptomprogredienz gezeigt, die dosisabhängig war, da erst eine Probenecid-Dosis von 250 mg pro kg Körpergewicht ausreichte, um eine positive therapeutische Wirkung nachzuweisen. Da Probenecid Pannexin-Kanäle und P2X7-Rezeptoren blockiert, kann davon ausgegangen werden, dass dieser Angriffspunkt ein Ausgangspunkt mehrerer Prozesse mit unterschiedlichen und weitreichenden Folgen darstellt, von dem ausgehend verschiedene Mechanismen der Oligodendrozyten- und Neuronen-Schädigung ablaufen. Wahrscheinlich scheint hier einerseits ein Mechanismus, der ebenfalls ausgehend von IL-1β über den Signalweg der Inflammasom-Aktivierung auf die Blut-Hirnschranke und auf unterstützende Zellen des angeborenen Immunsystems wirkt, andererseits aber auch direkt eine Wirkung auf T-Lymphozyten entfaltet. Gestützt wird dieser Gedanke dadurch, dass im 250 mg EAE-Versuch der prozentuale Anteil der CD3+CD4+ Zellen pro Milz die Anteile der Kontroll-Gruppe und der EAE/PBN überstieg. Man könnte also hier davon ausgehen, dass bei zwar gleichgebliebener Treg-Anzahl, die Anzahl der autoreaktiven CD4+ T-Helferzellen in der EAE- und EAE/solvent-Gruppe am Ort der Antigenpräsentation im peripheren lymphatischen Organ zugenommen hat, während dies durch ein Probenecid-Therapie unterblieb. Diese Arbeit gibt Anhaltspunkte dafür, dass Probenecid als Therapeutikum bei Multipler Sklerose durchaus Sinn macht, da eine Therapie im Mausmodell nicht zu vernachlässigende Vorteile erbracht hat. Zusätzlich spricht das geringe Nebenwirkungsprofil in Verbindung mit der langen Erfahrung im Umgang mit dem Medikament zumindest für eine unterstützende Therapie. Es müssen jedoch einzelne Teilaspekte in weiterer Forschung genauer geklärt werden, um die Pharmakodynamik des Medikaments in Bezug auf die Pathophysiologie der Multiplen Sklerose besser zu verstehen.
Multiple sclerosis is a common neurological disorder for which there is no causal therapy and whose palliative and symptomatic therapy is often associated with a variety of side effects. In order to better understand the complex pathophysiology, various mouse models of multiple sclerosis have been used for decades, from which research new therapeutic options have already emerged. In the present work, the toxic cuprizone model and the immunological EAE model were used to investigate possible positive effects of the gout medication probenecid. It should be examined whether probenecid in the cuprizone model reduces demyelination of the optical nerve and if a probenecid therapy in the EAE model favorably affects the course of the disease of the test animals. In both models, cell number changes should be detected by flow cytometry measurements of different leukocyte populations in blood and spleen in order to obtain possible evidence of an immunological effect of probenecid. One experimental group was treated with a daily intraperitoneal injection of probenecid. In the cuprizone test, the ultrastructural cross-sections were obtained from the extracted optical nerves, on which the axon diameter and g-ratios were determined and compared with the Generalized Estimating Equation. A significantly larger median axon diameter of the cuprizone treated experimental group was compared with the groups without probenecid therapy, which clearly indicates that a probenecid therapy reduces demyelination. The cause of this probenecid effect may be a reduction in oxidative stress or in an IL-1β-mediated immunological mechanism affecting neurite damage resulting from demyelination. It is also interesting at this point that the demyelination in the optical nerves was generally less pronounced than in other brain regions. After blood sampling and spleen removal, the abolished leukocytes were stained and absolute and percentage cell numbers of different leukocyte populations were determined by flow cytometry. In these measurements, the percentage of CD3+CD4+CD25+ lymphocytes in the standard feed group was significantly higher in both the blood and spleen than in all CPZ groups, whereas in the other cell populations there was no difference in the group comparison. The fact that the differences were found almost exclusively in the population of the CD25+ cells can lead to the thesis that these cells are reduced in the cuprizone model without this being influenced by probenecid or solvent therapy. The EAE animals were immunized with an MOG emulsion and then examined daily to assess the course of the disease by means of a score. From a certain stage of the disease the animals were treated with probenecid. It was found that probenecid therapy had a favorable effect on the course of the disease. There was shown a dose-dependent positive therapeutic effect, a dose of 250 mg per kg of body weight was needed to demonstrate a positive therapeutic effect. Since Probenecid blocks pannexin channels and P2X7 receptors, it can be assumed that this attack point is a starting point of several processes with different and far-reaching consequences, starting with different mechanisms of oligodendrocyte and neuronal damage. It is probable that on the one hand, a mechanism which also acts as a starting-point for IL-1β via the signaling pathway of inflammasome activation on the blood-brain barrier and on supporting cells of the innate immune system also appears to have an immediate effect on T-lymphocytes. This idea is supported by the fact that in the 250 mg EAE experiment, the percentage of CD3+CD4+ cells per spleen exceeded the proportions of the control group and the EAE/PBN. Thus, the number of autoreactive CD4+ T helper cells in the EAE and EAE/solvent group at the site of antigen presentation in the peripheral lymphatic organ has increased while the Treg number remains the same, while this did not occur through a probenecid therapy. This work provides evidence that probenecid as a therapeutic agent in multiple sclerosis makes sense, since a therapy in the mouse model has not led to negligible advantages. In addition, the low side-effect profile in combination with the long experience with the drug speaks at least for a supporting therapy. However, individual partial aspects have to be clarified in further research in order to better understand the pharmacodynamics of the drug with regard to the pathophysiology of multiple sclerosis.
Link zu diesem Datensatz: urn:nbn:de:bsz:291--ds-279491
hdl:20.500.11880/27427
http://dx.doi.org/10.22028/D291-27949
Erstgutachter: Tschernig, Thomas
Tag der mündlichen Prüfung: 8-Feb-2018
Datum des Eintrags: 8-Mai-2019
Fakultät: M - Medizinische Fakultät
Fachrichtung: M - Anatomie und Zellbiologie
Sammlung:SciDok - Der Wissenschaftsserver der Universität des Saarlandes

Dateien zu diesem Datensatz:
Datei Beschreibung GrößeFormat 
Die Applikation von Probenecid.pdf4,66 MBAdobe PDFÖffnen/Anzeigen


Alle Ressourcen in diesem Repository sind urheberrechtlich geschützt.