Bitte benutzen Sie diese Referenz, um auf diese Ressource zu verweisen: doi:10.22028/D291-23317
Titel: Spätfolgen des Morbus Wilson und ihre Auswirkungen auf das Handlungsgedächtnis
Alternativtitel: Residual effects of Wilson's disease on memory for action
VerfasserIn: Dellmann, Anja
Sprache: Deutsch
Erscheinungsjahr: 2011
Kontrollierte Schlagwörter: Handlung
Gedächtnis
Motorik
Lernen
Freie Schlagwörter: Handlungsgedächtnis
relationale Enkodierung
itemspezifische Enkodierung
freies Erinnern
memory for action
relational encoding
itemspecific encoding
free recall
DDC-Sachgruppe: 150 Psychologie
Dokumenttyp: Dissertation
Abstract: Morbus Wilson ist eine sehr seltene, auf einem Gen-Defekt beruhende Stoffwechselerkrankung, die bewirkt, dass das Schwermetall Kupfer vom Körper nicht verstoffwechselt sondern eingelagert wird. Dies geschieht besonders in der Leber und im Gehirn (Basalganglien, Kleinhirn, Hirnstamm). Da Kupfer toxisch wirkt, schädigt es letztlich auch die Nervenzellen und beeinträchtigt deren Funktion und es kommt zu Störungen beispielsweise in der Ausführung und Koordination von Bewegungen. Bei richtiger Medikation normalisiert sich der Kupferspiegel und die Symptome gehen zurück, wobei oft Restsymptome bleiben. Die vorliegende Studie untersucht, inwieweit solche Spätfolgen auch in Gedächtnisleistungen nachweisbar sind, insbesondere im Gedächtnis für selbst ausgeführte Handlungen. Grund für diese Entscheidung ist ein Gedächtnisphänomen (der so genannte Handlungseffekt), das zuerst in den 80er Jahren in der Arbeitsgruppe von Prof. Engelkamp und später von Prof. Zimmer (beide an der Universität des Saarlandes) eingehend untersucht wurde. Das eigene Ausführen von Handlungen bewirkt einen deutlichen Erinnerungsvorteil im Vergleich zum bloßen verbalen Lernen. Soll man eine Liste von Handlungen lernen (beispielsweise "den Tisch abwischen", das "Blatt zerreißen", etc.) und man führt während des Lernens diese Handlungen symbolisch aus (man tut so, als ob man den Tisch abwischen würde) dann erinnert man die Handlung später besser als in der verbalen Bedingung. Das eigene Tun verbessert offensichtlich das Erinnern. Dies wird durch die Anreicherung der Gedächtnisspur durch Handlungsinformation erklärt. Nun liegt bei einem Teil der Wilson-Patienten eine Bewegungsstörung vor und es ist deshalb zu vermuten, dass sie Bewegungen anders kontrollieren als motorisch nicht eingeschränkte Personen. Wenn diese Unterschiede zu unterschiedlichen Gedächtnisspuren führen, könnten daraus unterschiedliche Gedächtnisleistungen resultieren, insbesondere könnte der Handlungsvorteil beeinflusst werden. Um dies zu überprüfen wurden insgesamt drei Studien durchgeführt. Wilson-Patienten und eine alters- und ausbildungs- parallelisierte Kontrollgruppe lernten Listen mit Handlungssätzen (z.B. "die Zwiebel schälen", "mit dem Fuß aufstampfen") entweder unter einer reinen Hör-Bedingung oder einer Handlungsbedingung. Die Patienten hatten eine durchschnittliche Behandlungszeit von 14 Jahren und zwei Monaten und wiesen kaum noch eine sichtbare neurologische Symptomatik auf. Die Gedächtnisleistung der Teilnehmer wurde sowohl über den Freien Abruf als auch über das Wiedererkennen gemessen. Die Patientengruppe zeigte signifikant schlechtere Gedächtnisleistungen im Freien Abruf, aber einen ebenso großen Handlungsvorteil wie die Kontrollgruppe. Beim Wiedererkennen gab es keine Unterschiede zwischen der Patienten- und Kontrollgruppe. Dies spricht dafür, dass die Mechanismen, die den Handlungsvorteil bewirken, unverändert wirksam sind, ebenso jene, die beim Wiedererkennen gebraucht werden, während das Freie Erinnern beeinträchtigt wird. Die vorliegende Interpretation hat jedoch eine Einschränkung. Im ersten Experiment führten die Teilnehmer alle Handlungen symbolisch aus, d.h. ohne reale Objekte. In diesem Fall kann man Handlungen relativ unpräzise und oberflächlich ausführen. Probleme in der Handlungskontrolle könnten deshalb deutlicher auftreten, wenn die Bewegungen tatsächlich an reale Objekte angepasst werden müssen. Aus diesem Grund wurden in Experiment 2 reale Objekte verwendet. In diesem Fall müssen die Handlungen an die Erfordernisse der speziellen Objekte angepasst werden. Die Ergebnisse replizierten jene des ersten Experiments. Wilson Patienten hatten Gedächtniseinbußen in der freien Reproduktion, aber einen gleich großen Handlungsvorteil. Das Ergebnismuster spricht dafür, dass ein Defizit in der Verarbeitung von Informationen besteht, die für einen Freien Abruf benötigt werden. Die Patienten könnten beispielsweise keine adäquaten Lernstrategien nutzen (Strategiedefizit) oder aus einem Mangel an vorhandenen Ressourcen (Ressourcendefizit) die Strategien ineffizient nutzen. Als Konsequenz daraus wurden bei der Konzeption des dritten Lernexperimentes verschiedene Lernhilfen (Strategien) in Form von Orientierungsaufgaben gegeben. Es wurde entweder eine itemspezifische Orientierungsaufgabe gegeben, indem nach der Beschaffenheit der Handlung gefragt wurde, oder eine relationale Lernhilfe, indem die Beziehung der Handlungen untereinander erfragt wurde. In diesem Fall waren die Handlungen zu kategorisieren. Dadurch dass explizit relationale Information zu verarbeiten war, sollte das angenommene Strategiedefizit bei der Patientengruppe kompensiert werden. Zusätzlich wurde die Aufmerksamkeitsleistung der Patienten überprüft, insbesondere, die Fähigkeit sich gegen Ablenkung abzuschirmen bzw. Handlungsimpulse zu kontrollieren. Damit wurde überprüft, ob solche Aufmerksamkeitsprozesse beeinträchtigt sind und sie ein Ressourcendefizit darstellen können. Die Patientengruppe zeigte in diesem dritten Lernexperiment wiederum eine signifikant schlechtere Gedächtnisleistung als die Kontrollgruppe im Freien Abruf wobei keine Unterschiede in der Aufmerksamkeitstestung gefunden wurden. Keine der Orientierungsaufgaben wirkte sich positiv auf die Gedächtnisleistung aus; trotz expliziter und gleicher Lernstrategie erinnerten die Wilsonpatienten weniger als die Kontrollgruppe, aber sie zeigten wieder einen deutlichen und gleich großen Handlungsvorteil. Die verminderte Leistung des freien Erinnerns muss deshalb als eine Spätfolge des Morbus Wilson angesehen werden. Eine Beeinträchtigung des Handlungsgedächtnis besteht aber definitiv nicht
Wilson's disease as a rare which leads to an intoxication of copper in the organism, especially of liver and brain (basal ganglia, cerebellum and brainstem). Because of its toxity copper leads to a neuronal impairment and so to motoric impairments. Despite detoxication through by treatment, residual symptoms often still remain present. The reported study examines the extend to which such residual symptoms, can be found in memory performance, e.g. in memory for self performed tasks (SPT). It is well known that learning while performing leads to a better memory than mere verbal learning because of the additional memory trace given by motor information. This effect is called SPT-effect. This memory trace in patients with Wilson's disease should differ from normal controls because patients have impaired motoric performance. So the quality of the SPT-effect might differ from that of the controls. This hypothesis was tested in three studies. Patientens with Wilons disease and a matched control group learned lists with action phrases (e.g..';to peel the onion", "to stamp the foot") either under a verbal condition (VT-task) or by listening while performing symbollically the described action (SPT). All patients had been treated for 14 years and two months and motoric impairment could not be observed any more. Memory performance was tested by free recall and by recognition. Patients performance was significantly worse compared with controls in free recall. Nevertheless they showed the same SPT-effect as the controls and recognition performance was normal. So obviously those mechanismen that are responsible for the SPT effect do still function in patients as well as those responsible for recognition and mechanisms that are needed for free recall are impaired. This impairment might exists due to lacking encoding strategies or due to deficits in cognitive ressources (e.g. in attention). This assumption was tested in the last experiment presenting orientation tasks while learning, consisting of itemspecific as well as relational tasks. Additionally attentional functioning was tested concerning the ability to block affection and to control impulsiveness as a result of a deficit in cognitive ressources. Patients again performed significantly worse in free recall showing a normal SPT-effect and normal attentional functioning As a conclusion deficits in free recall exist obviously due to a deficit in processing relational information must be seen as a result of residual effects of Wilson's disease. These residual effects definitily do not impair SPT-effect.
Link zu diesem Datensatz: urn:nbn:de:bsz:291-scidok-43666
hdl:20.500.11880/23373
http://dx.doi.org/10.22028/D291-23317
Erstgutachter: Zimmer, Hubert Dieter
Tag der mündlichen Prüfung: 14-Jun-2011
Datum des Eintrags: 19-Okt-2011
Fakultät: HW - Fakultät für Empirische Humanwissenschaften und Wirtschaftswissenschaft
Fachrichtung: HW - Psychologie
Sammlung:SciDok - Der Wissenschaftsserver der Universität des Saarlandes

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